China – eMMenreiter Reiseabenteuer auf alten MZ-Motorrädern Fri, 31 Aug 2018 07:15:16 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.0.2 /wp-content/uploads/2015/03/reise-551a6390v1_site_icon-32x32.png China – eMMenreiter 32 32 Nie wieder China (mit eigenem Fahrzeug) /china-transit-2016/ /china-transit-2016/#comments Mon, 26 Sep 2016 12:06:56 +0000 /?page_id=9720 Führerschein für China

Drei Tage lang gültig: Unser chinesischer Führerschein © emmenreiter.de

Wie ätzend

6. September 2016. An unserem letzten Abend in China falle ich nach zehn Stunden auf der Emme erledigt auf`s harte Hotelbett in Tashkurgan. „Wie soll ich später bloß diese Woche in China beschreiben…“ denke ich laut. „Schreib ruhig, wie ätzend es ist!“ platzt es aus Micha heraus.

„Today they changed the rules.“

Torugartpass, 1. September, morgens um 10:54 Uhr. Unser uigurischer Begleiter Abdul wartet bereits am chinesischen Grenztor, als wir pünktlich dort anhalten. „Nice to see you again„, begrüßt er uns zügig und verschwindet dann im Wagen mit Fahrer. Brav folgen wir unserem Begleitauto – sechs Kilometer bis zum ersten Checkposten, wo junge Soldaten Papiere und Gepäck kontrollieren. Nach rund 70 Kilometern entlang an dunklen Bergen dann ein zweiter Checkposten: „Please show them your passports.“, bittet uns Abdul. Weitere 35 Kilometer später halten wir vor einem Gelände, auf dem die eigentliche Grenzabfertigung stattfindet. Abdul lässt uns stehen und schweigt.
Nach ungefähr einer Stunde tut sich endlich etwas. Die Herren der Quarantäne haben ihre Mittagspause beendet und setzen nun einen lustigen Automaten auf unsere Motorräder an. Nachdem dieser die eingestaubten Emmen mit einer wasserähnlichen Flüssigkeit betröpfelt hat, dürfen wir hundert Meter bis auf das eingezäunte Gelände der Immigration weiterrollen. Der soeben ausgestellte Quarantänezettel ist die Eintrittskarte.
Wir betreten das Immigrationsgebäude und sofort hält uns eine Uniformierte ein elektrisches Fieberthermometer zwischen die Augen. Dann scannt man unsere Reisepässe ein und stempelt die Visa ab. Ein Zöllner durchwühlt nochmals unsere Taschen. „Sind wir fertig hier?“ fragen wir Abdul hoffnungsvoll, der nur mit uns spricht, wenn wir ihn etwas fragen oder etwas von uns verlangt wird. „Today they changed the rules,“ lautet seine Antwort. Das hört sich schlecht an. Ausländische Fahrzeuge müssten an der Grenze ab sofort auch fotografiert werden. Erst dann dürfe der Zoll sie freigeben, so Abduls Erklärung. Dass es dafür heute Nachmittag schon zu spät sei, war natürlich klar. Der Zoll zwingt uns tatsächlich, die Emmen kostenpflichtig auf dem Gelände abzustellen. Wir stopfen kopfschüttelnd möglichst viel Gepäck in unseren Begleitwagen und fahren darin nach Kaschgar nur noch 60 Kilometer trennen uns vom Hotel. Bevor wir dort ankommen können, stehen wir am Stadtrand noch über zwei Stunden lang im Stau. Abdul macht sich gar nicht erst die Mühe, uns darüber aufzuklären, das jedes Fahrzeug, das nach Kaschgar einfährt, standardmäßig durch eine Sicherheitskontrolle muss.

Ankunft in Kaschgar City

Kaschgar ist nach wie vor mehrheitlich von Uiguren bewohnt – eine muslimische Volksgruppe mit mongolischem und türkischem Hintergrund. Allerdings werden ihre ursprünglichen Stadtgebiete im Auftrag der chinesischen Regierung seit Jahren abgerissen, um Hochhäuser zu errichten. An den Straßenrändern sind alte und mit herrlichen Schnitzereien verzierte Holztüren und Fensterrahmen aufgereiht, die aus den staubigen Ruinen gerettet wurden.
Wir nähern uns auf langen, dreispurigen Straßen dem Zentrum der Stadt. Große chinesische Schriftzeichen prangen an unschönen Neubauten. Die berühmte Seidenstraßenstätte ist in wenigen Jahren planmäßig zu einer City herangewachsen, die an großen Kreuzungen von chinesischen Panzern und Soldaten mit Maschinengewehren im Anschlag überwacht wird. An jeder Ecke entdecken wir Videokameras.
Wir steigen am Hotel aus und die Sonne verschwindet gerade langsam hinter den hohen Häusern. Leckere Gerüche von Gewürzen und Essen strömen in unsere Nasen. Wir sind froh, dass kleine Krämerläden, Gemüsestände und Garküchen noch nicht vollständig verdrängt wurden.

Geburtstag auf dem Viehmarkt

Am nächsten Tag befreien wir nach langem Warten auf irgendwelche Zettel endlich die Motorräder aus dem Zoll. Danach lässt uns Begleiter Abdul erstmal in Ruhe, denn die chinesischen Behörden haben Wochenende.
Es ist Sonntag, der 4. September. Micha hat Geburtstag und er wünscht sich einen Ausflug auf den berühmten Viehmarkt, wie ihn die Uiguren seit weit über tausend Jahren stattfinden lassen. Der Platz dafür befindet sich am nordöstlichen Rand von Kaschgar. Hier wartet ein sonniger, herrlicher Vormittag auf uns – voller Gewusel und Staub, röhrender Kamele, riesiger Yaks, meckernder Ziegen, blökender Schafen und schnaubender Ochsen. Wir beobachten die traditionell schwarz-weiß gekleideten Männer mit ihren viereckigen Kappen auf dem Kopf beim Handeln. Dabei müssen wir ordentlich aufpassen, dass wir nicht in die Scheiße treten, von Hörnern gepiekst werden oder die Vierbeiner auf unsere Zehen trampeln.
Am Rande des Geschehens hängt frisch geschlachtetes Vieh zum Verkauf aus. Wir hören das Geräusch der funkenschlagenden Schleifsteine, auf denen die Fleischer ihre Messer schärfen. Dazwischen steigt überall Dampf aus dunklen Garküchen in den Himmel. An kleinen Holztischen stärken sich die Männer nach einem hoffentlich guten Viehgeschäft mit gebratenen Fleischspießen, gefüllten Teigtaschen oder ihrem Leibgericht Laghman. „Genau so hab ich mir das vorgestellt!“ freut sich Micha über die volle Dosis Alltagskultur und verschwindet mit dem Fotoapparat für eine Weile zwischen Kamelen und Yaks.

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Laminiertes Souvenir

Montagmorgen um 7 Uhr. Ein Klopfen reißt uns aus dem Schlaf. Vor der Hotelzimmertür stehen ein junger Uigure und ein junger Chinese: „Good morning, Mister. We need to pick up your driving permits.“ Abdul hat sie geschickt und uns nicht vorgewarnt.
Nicht gerade gut gelaunt ziehen wir uns an und steigen auf die Motorräder. Wir folgen dem Auto, das uns fast fünfzig Kilometer in irgendeine Kleinstadt entführt. Dort halten wir auf einem Hof an, der dem einer Hinterhofwerkstatt ähnelt. Hier warten wir, solange irgendwer mal wieder die Daten unserer Motorräder prüft. Danach heißt es, weiterfahren – zum nächsten Verwaltungskomplex. Dann wieder warten – draußen in der Hitze. Hoffentlich erledigt sich der heutige Papierkram noch vor der amtlichen Mittagspause!
Nach einer weiteren Stunde kommt der junge Chinese mit einem Umschlag aus der Behörde zurück. Freundlich und sichtlich erleichtert überreicht er uns chinesische Nummernschilder und die temporären Führerscheine – so viel Aufwand für ein laminiertes Souvenir, das gerade mal drei Tage gültig ist! Übrigens hat uns diese Woche China wegen des bürokratischen Wahnsinns fast halb so viel gekostet wie die ganze bisherige Reise (20 Wochen).

Tashkurgan: Nur noch einmal schlafen

Wir sind in Tashkurgan, dem letzten Ort vor dem Khunjerabpass, der uns nach Pakistan führt. Über zehn Stunden lang waren wir heute für nicht mal 300 Kilometer von Kaschgar bis hierher unterwegs. Da der Karakorum-Highway auf chinesischer Seite momentan erneuert wird, sind wir davon 70 Kilometer lang abwechselnd über eine staubige und modderige Offroadpiste geeiert. An vier  Kontrollstationen mussten wir uns in die Warteschlange einreihen. Irgendwann hatten wir einfach keinen Bock mehr.
Ich erkenne Tashkurgan kaum wieder. Vor acht Jahren war da eine kleine Stadt in der schönen Landschaft des Karakorumgebirges, bewohnt von Tadschiken in traditioneller Kleidung. Es gab nur ein einziges Hotel. Heute führen neue und viel zu breite Straßen in den Ort hinein, der einst durch eine alte, hohe Steinmauer eingegrenzt war. Dabei passiert man abstoßende Gebäude aus Beton. Micha und ich sind enttäuscht – Tashkurgan ist zu einer geschmacklosen Stadt verschandelt worden. Die alte Seidenstraße hat man gnadenlos wegasphaltiert.
„Morgen sind wir endlich in Pakistan!“, nuschel ich erleichtert vor mich hin und schlafe abends nach dem zähen Emmenritt sofort ein. Bevor wir China am nächsten Morgen verlassen dürfen, müssen wir auf dem Grenzgelände in Tashkurgan noch eine letzte Gepäckkontrolle über uns ergehen lassen. Danach warten wir draußen auf dem großen Betonhof in der heißen Sonne darauf, dass wir zusammen mit mehreren pakistanischen Bussen die Stadt im Konvoi verlassen dürfen. Erst als alle Passagiere ihre unzähligen Koffer, Kartons, Säcke, riesigen Gepäckbündel und sogar ein Moped im bzw. am Bus verstaut und verzurrt haben, händigt uns ein Grenzbeamter endlich die Pässe zur Weiterreise aus. Da wir und einige andere Fahrzeuge noch an der Tankstelle halten müssen, kommt der Konvoi bereits nach wenigen Minuten ins Stocken und löst sich schon wieder auf. Mit uns wartet eine große Traube einheimischer Auto- und Mopedfahrer darauf, die Tanksäulen anzufahren, die in Westchina mit einer Zufahrtsschranke kontrolliert werden. Außerdem dürfen sich Motorräder dem Zapfhahn nicht direkt, sondern nur bis auf einige Meter nähern. Das Benzin muss in einer Metallkanne zum Motorrad getragen werden.
Die wartende Menge an der Tankstelle wird langsam unruhig, denn die Schranken bleiben längere Zeit geschlossen. Einige Motorradfahrer trauen sich, die Schranke zu umfahren. Wir fahren hinterher und mischen uns unter dieses Chaos. Männer mit Kanistern bedrängen den Tankwart. Mangels Kannen bringen wir unseren eigenen Kanister an die Zapfsäule und schupsen mit. Als wir endlich an der Reihe sind, weist uns der Tankwart zurück. Kanister aus Kunststoff seien verboten, gibt er uns zu verstehen.
Micha ist ganz kurz davor, auszuflippen. Wir wollen doch nur Benzin und dann weg hier! Ein alter Mann leiht uns freundlichster Weise seinen Metallkanister, als er unsere Verzweiflung sieht. Endlich vollgetankt hält uns dann nichts mehr auf: Mit Karacho treiben wir die Emmen hinauf auf die höchste Landesgrenze der Welt. Nur noch eine letzte chinesische Absperrung am Pass blockiert den Weg in die Freiheit – wenige Zentimeter vor Pakistan. Der chinesische Soldat will natürlich auch nochmal unsere Pässe kontrollieren, das vierte Mal heute. „Ich schwör` dir: Wenn der jetzt verlangt, dass ich  für irgendeine Kontrolle absteige, geb` ich Vollgas.“, brodelt es in mir. Als er uns durchwinkt, höre ich hinter mir Michas Freudenschrei durch die kalte dünne Höhenluft auf über 4.700 Metern hallen: „Pakistan Sindabad!“ – Hoch lebe Pakistan!

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Die ganze Reise im Überblick – mit Route, allen Reisegeschichten und Bildern:
Asienreise, die Zweite: Auszeit auf dem Motorrad

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Westchina: Kurzer Transit, lange Wartezeit /westchina-kashgar/ /westchina-kashgar/#comments Sun, 05 Oct 2008 11:03:17 +0000 /?page_id=1593 China-Guide Abdul

Unser Begleiter auf dem China-Transit: Uigure Abdul aus Kaschgar (c) emmenreiter.de

Blind Date an der Grenze

22. September 2008. Es ist Montag früh. An der kirgisischen Grenzstation herrscht etwas Chaos. Eine verzahnte Schlange von LKW versperrt uns den Überholweg bis nach vorn an die Schranke. Einer der Brummifahrer zeigt uns ein Schlupfloch und die Beamten am Grenzgebäude lassen uns relativ schnell und unkompliziert passieren. Ein paar Kilometer weiter das Schild: Welcome to China! Wir fahren beim großen chinesischen Immigrationsgebäude vor und halten gespannt Ausschau nach unserem Blind Date. Nervöse drei Stunden später als abgemacht, kommt er dann endlich auf uns zu: Abdul, bekennender Uigure und unsere vorgeschriebene Begleitung für den einwöchigen Chinaaufenthalt. Warum er zu spät ist, können wir irgendwann nur ahnen. Es ist wie gesagt Montag. Und montags läuft vor zwei Uhr nachmittags sowieso nicht viel. Die Beamten müssen erstmal in die Gänge kommen und der Chef der Zollbehörde, der als einziger unsere Motorradfreigabe unterschreiben darf, kommt gerne erst kurz vor Feierabend aus Kashgar zur Arbeit an die Grenze. Die Beamten am Irkeshtam-Pass sind offiziell für zwei Stunden am Vormittag im Dienst, machen dann mindestens zwei Stunden Mittagspause und setzen sich dann noch mal ganze drei Stunden an den Schalter. Hunderte von Lastwagenfahrer müssen geduldig warten, so wie wir.

Herzlichen Glückwunsch, China!

Wir verzeichnen einen neuen Rekord: Dreißig Stunden Wartezeit am Grenzübergang. Die Weiterfahrt am Montag ist nicht machbar. Wir übernachten also in einem kleinen Hotel auf dem Grenzgelände. Das Zimmerchen ist einfach, aber man kann sich darin aufhalten. Solange sich Abdul im Zollamt um die Freigabe unserer Motorräder bemüht, essen wir neue würzige Speisen und tippen das Erlebte in den Laptop. Auf dem windigen und feinstaubigen Grenzgelände ist um die LKW-Schlangen herum ein slumartiges Areal entstanden mit ein paar kleinen schmuddeligen Läden, dunklen Schlafkammern und zusammengeschusterten Hütten, in denen für wartende Fahrer auf dem Wok gekocht wird. Interessant zu beobachten, aber kein Ort, an dem wir länger festsitzen möchten.
Am 23. September um vier Uhr nachmittags hält Abdul dann endlich die geduldig ergatterte Zollfreigabe in der Hand und nach dreißig Stunden Wartezeit können wir ihm folgend nach Kashgar aufbrechen. Unterwegs wird es schon dunkel und es gewittert. Wir sind froh, als wir am Hotel ankommen. Endlich können wir uns gründlich duschen und überlassen den großen Beutel eingedreckter Wäsche diesmal dem Reinigungsservice.

Kaschgar: Uygurisch, chinesisch, fantastisch

Die lebendige und dabei entspannte Stadt Kaschgar gefällt uns vom ersten Augenblick – ein Mischmasch aus Altem und Neuen, aus uigurischen und ein paar chinesischen Eigenarten. Wo man auch hinsieht, es wird nie langweilig. Da sind das gemütliche Hotelzimmer im liebevoll kitschigen Uyguren-Design, die traditionelle Id Gha Moschee, die kleinen Läden und herben Gesichter der Verkäufer in der Altstadt, die Basare und viel besuchten qualmenden, duftenden Kochstände an der Straße. Wer es vermisst hat, kann in Kashgar auch mal wieder einen Supermarkt bestaunen.
Kreuz und quer fahren die Kaschgarbewohner zu zweit, zu dritt auf leisen Elektrorollern durch die Stadt – die Mutter mit ihren Kindern, der Alte mit seiner Ladung Gemüse, der Geschäftsmann mit seiner Aktentasche. Das Licht bleibt selbst im Dunkeln aus, die Hupe aber ist im Dauereinsatz. Hunderte grellgrüner Taxis schlendern mit. Die große, perfekt asphaltierte Hauptstraße zu überqueren wird zum Geschicklichkeitsspiel. Vernünftigerweise sind nur vierzig km/h erlaubt und jeder nimmt irgendwie Rücksicht auf jeden.
China bietet uns endlich die ersehnte kulinarische Abwechslung. Essen mit Stäbchen fällt uns leicht, dank unserer Liebe zu Sushi. Nur die extreme Chili-Schärfe lähmt besonders meine Geschmacksnerven. Ich fühle mich wie ein chinesischer Feuerdrache. Als wir zum Nachtbasar gegenüber der Id Gha Moschee gehen, um dort an den exotischen Kochständen unser Abendessen zu genießen, fällt plötzlich in ganz Kashgar der Strom für ein paar Stunden aus. Wir sitzen in diesem Moment bei einer exzellent gewürzten Brühe mit gekochten Eiern und zartem Hühnerfleisch. Überall werden jetzt Kerzen angezündet, die Feuerstellen geben warmes Licht ab. Die Atmosphäre ist urig und charmant. Nach einem netten chinesischen Bier zusammen mit Michael aus Wiesbaden, den wir im Basargewusel durch Zufall getroffen haben, gehen wir zurück auf unser Zimmer und berichten unserer Familie in Deutschland am Telefon, dass es uns hier sehr gut geht. Wir würden wirklich so gerne noch länger bleiben, aber die chinesische Bürokratie macht es uns nicht leicht damit. Die vielen Kleinigkeiten, die nicht funktionieren und unseren bemühten Begleiter Abdul scheinbar trotzdem nicht aus der Ruhe bringen, lassen wir mal weg.
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Über die höchste Landesgrenze der Welt: Auf dem Karakorum-Highway nach Pakistan

Eine Woche China ist schnell um. Auf dem weiteren Weg nach Indien liegt jetzt noch eine letzte Steilwand vor uns: der laut Karte 4.655 Meter hohe Khunjerab-Pass an der Grenze zu Pakistan – die höchste Grenze der Welt! Im Internet heisst es sogar, der Pass sei 4.700 Meter hoch. Ab Kashgar fahren wir immer entlang auf dem Karakorum-Highway nach Süden. Die berühmte Straße bringt uns über den Grenzpass und später in Nordpakistan gleich an ein paar der höchsten Gipfel der Welt vorbei. 1966 begannen hauptsächlich chinesische Arbeiter mit dem schwierigen Bau des 1200-Kilometer-Straßenprojekts, das für den Frieden zwischen China und Pakistan steht. Zwanzig Jahre später wird der Karakorum-Highway für Touristen geöffnet. Und noch mal über zwanzig Jahre danach kommen zwei Deutsche auf einer MZ ETZ 250 hier entlang. Unser China-Weggefährte Abdul fährt seit Kashgar im Taxi voraus. Der Zustand der Straße ist bis zum Khunjerab-Pass einwandfrei. Wir können also die fabelhafte Landschaft im Sonnenschein ohne Gefahr für die Stossdämpfer genießen. Mit sechzig, siebzig km/h geht es die dreihundert Kilometer bis nach Tashkurgan stetig bergauf. Diese alte Stadt – hauptsächlich von Tadschiken bewohnt – liegt auf 3.200 Metern Höhe. Das ist schnell wieder zu merken: Es ist kälter, das Herz schlägt schneller und kräftiger, die Nase ist trocken und schwillt etwas zu. Im Pamir Hotel in Tashkurgan verbringen wir unsere letzte chinesische Nacht. Auf uns wartet die Überfahrt nach Pakistan. Am nächsten Morgen erledigen wir das chinesische Immigrations- und Zollprozedere in der Grenzstation am Rande der Stadt. Es ist nicht so schlimm, wie bei der Einreise. Plötzlich fuchteln die uniformierten Beamten mit ihren Händen, alles soll ganz schnell gehen und wir müssen verschwinden ohne richtig Abschied zu nehmen bei Abdul.
Von der Schranke in Tashkurgan sind es noch 130 Kilometer Anstieg bis zum Khunjerab-Pass. Die Fahrt läuft gut. Weil Sonntag ist, gibt es fast keinen anderen Verkehr. Ich schaffe die letzen steilen, kurvigen Passkilometer im dritten Gang, Micha quält seine MZ im zweiten an die Spitze. Unsere Herzen überschlagen sich fast – vor Aufregung, vor Erleichterung, wegen Sauerstoffmangels. Oben angekommen ist es still, sonnig und kalt. Der Grenzpfeiler aus Beton strahlt in der Sonne. Ein junger Mann mit Basecap wartet auf der pakistanischen Seite scheinbar schon auf uns und begrüsst uns freundlich auf Englisch. Dass er ein Grenzbeamter ist, ist in unseren Augen kaum zu erkennen. Unsere Pässe interessieren ihn nicht, eher die Motorräder. Ab nun wechseln wir auf die linke Fahrspur. Die Qualität der Straße ändert sich schlag(loch)artig, sie ist schmal, ausgefahren und bröckelt. Wir passieren noch eine kleine Schranke und ab geht es runter ins Tal. Wir rollen ein in Nordpakistan!

Reise-Abenteuer: Von der Haustür zum Himalaja und zurück
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