{"id":10735,"date":"2016-12-16T06:50:05","date_gmt":"2016-12-16T04:50:05","guid":{"rendered":"http:\/\/www.emmenreiter.de\/?page_id=10735"},"modified":"2018-01-19T18:56:04","modified_gmt":"2018-01-19T16:56:04","slug":"nordostindien-kalkutta-kaziranga","status":"publish","type":"page","link":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/nordostindien-kalkutta-kaziranga\/","title":{"rendered":"Nordindien: Von Kalkutta bis Kaziranga"},"content":{"rendered":"
\"Nordostindien

Nordostindien (Assam): Morgens im Kaziranga Nationalpark \u2013 geschossen wird nur auf Wilderer \u00a9 emmenreiter.de<\/p><\/div>\n

Kalkutta bis Kalimpong: Fahrt mit Hindernissen<\/h3>\n

14. Oktober 2016. Wir brechen von Kalkutta in den wilden Nordosten auf. Dazu m\u00fcssen wir Bangladesch umfahren, das Nordostindien bis auf einen schmalen Durchgang vom Rest des Landes trennt. Auf der Landkarte sieht es fast so aus, als w\u00fcrde dieses Gebiet gar nicht mehr dazugeh\u00f6ren. Dieser Landesteil sticht aber nicht nur geografisch hervor. Wir d\u00fcrfen gespannt sein auf seine gr\u00f6\u00dftenteils unber\u00fchrte, artenreiche Natur und exotische Volksst\u00e4mme, die sich untereinander und vom Rest Indiens stark unterscheiden. Wegen schwerer Konflikte zwischen Indiens Armee und Aufst\u00e4ndischen durfte man Nordostindien lange Zeit gar nicht oder nur unter speziellen Auflagen bereisen. Um die Region touristisch interessanter zu machen, braucht man mittlerweile kaum noch eine besondere Genehmigung.
\nLeider ist f\u00fcr Nordostindien viel zu wenig Zeit \u00fcbrig geblieben, da wir den Termin f\u00fcr die begleitete Myanmar-Durchquerung einhalten m\u00fcssen. In den n\u00e4chsten zwei Wochen werden wir daher f\u00fcr unseren Geschmack viel zu oft auf der Stra\u00dfe sein. Einen Besuch des angrenzenden K\u00f6nigreichs Bhutan, das wir ebenfalls gerne bereist h\u00e4tten, m\u00fcssen wir ganz und gar auf irgendwann verschieben.
\nUnsere erste Etappe ab Kalkutta endet im St\u00e4dtchen Murshidabad. Als wir kurz hinter Kalkutta auf dem Highway landen, h\u00f6re ich, dass der Motor meiner MZ anders klingt. Besonders wenn ich \u00fcber 70 km\/h fahre, f\u00e4ngt er regelrecht an zu rasseln. Bei Michas Emme ist es \u00e4hnlich. Pl\u00f6tzlich geht mein Motor w\u00e4hrend der Fahrt sogar aus. Das Schwimmerventil im Vergaser scheint zu h\u00e4ngen. Micha baut in der unerbittlichen Sonne den Vergaser aus, reinigt alles und tauscht das Ventil. Da das Werkzeug schon mal ausgepackt ist, nimmt er sich seinen Vergaser vorsichtshalber auch gleich vor. Zur\u00fcck auf den Motorr\u00e4dern kommen wir auf der neu asphaltierten Landstra\u00dfe SH-7 f\u00fcr indische Verh\u00e4ltnisse recht z\u00fcgig voran. Das soll aber die Ausnahme bleiben.
\nNach nur einer Nacht in Murshidabad geht es morgens gleich weiter. Die Fahrt nach Raiganj ist ein anstrengender und schwei\u00dftreibender Hindernisparcours mit rumpelnden Lastwagen, etlichen Tuk-Tuks, heruntergekommenen Bussen, \u00fcberladenen Schubkarren, eiernden Fahrradfahrern und unz\u00e4hligen Hunden und Ziegen, die blindlings auf die Stra\u00dfe rennen. Und nat\u00fcrlich wandern auch die heiligen Rinder mittenmang. Die Schlagl\u00f6cher sind hier das geringere \u00dcbel. Das Dauergehupe setzt dem verr\u00fcckten Chaos noch die Krone auf. Einige Inder versuchen, sich ungeduldig mit schrillem Dauertr\u00f6ten ihren Weg freizuhupen und hinterlassen nichts als ein schmerzhaftes Fiepen in meinem Ohr. Ich frage mich, wohin all diese Menschen und Tiere unterwegs sind? Mir ist das schon klar: Wer in Indien nicht auf der Stra\u00dfe ist, nimmt nicht am Leben teil \u2013 auch wenn es manchmal lebensgef\u00e4hrlich ist. Die Regeln des Kastensystems sind hier au\u00dfer Kraft gesetzt. Allein die Gr\u00f6\u00dfe des Gef\u00e4hrts bestimmt den Platz in der Hackordnung. Der ansonsten untergebene Busfahrer mutiert hinter seinem Lenkrad dann gerne zum r\u00fccksichtslos rasenden Herrscher \u00fcber den Verkehr. Motorr\u00e4der w\u00fcrde er, trotz gro\u00dfer Alukisten, notfalls \u00fcberrollen.
\nWir wissen den indischen Verkehr zu nehmen. Was uns nicht aus dem Kopf geht, ist die Frage, wieso beide Emmen seit Indien einfach nicht rund laufen. Am Vergaser liegt es jedenfalls nicht. Vielleicht am Kraftstoff. Leider werden wir erst in Thailand den Grund daf\u00fcr herausfinden. Die meisten Tankstellen seit Indien mischen n\u00e4mlich Ethanol ins Benzin. Der Anteil kann stark variieren. Mit hunterprozentigem Benzin im Tank, selbst mit nur 80 oder weniger Oktan, liefen beide Emmen bisher immer ohne Probleme.
\nAuf der dritten Etappe in die buddhistisch gepr\u00e4gten Berge bis nach Kalimpong ist selbst ganz fr\u00fch morgens schon wieder halb Indien auf der Stra\u00dfe. Es geht mit durchschnittlichen 30 km\/h vorw\u00e4rts. Kein Wunder, dass wir nach acht bis zehn Stunden Emmenritt ohne nennenswerte Pausen gerade mal 200 Kilometer am Tag vorankommen. Wir biegen bald auf eine schmale, schattiggr\u00fcne Nebenstrecke dicht an der Grenze zu Bangladesch ab. Hier legen wir an einem winzigen Teestand eine sp\u00e4te Fr\u00fchst\u00fcckspause ein und sind wieder einmal beeindruckt, wie schnell man uns bemerkt. Egal wie versteckt oder wie klein der Ort auch ist: Innerhalb weniger Minuten hat sich vorsichtig eine gro\u00dfe Traube M\u00e4nner und Kinder um uns versammelt. Ihre dunkelbraunen Augen verfolgen gespannt jede unserer Bewegungen. Ob wir nicht l\u00e4nger zu Gast bleiben wollen, fragt ein netter \u00e4lterer Mann in gebrochenem Englisch. Leider m\u00fcssen wir dankend ablehnen. H\u00e4tten wir die Zeit, w\u00fcrde hier mit Sicherheit ein besonderes Erlebnis lauern.
\nBis wir die Berge erreichen, geht es am fr\u00fchen Nachmittag noch durch den Knotenpunkt Siliguri, wo der Verkehr bei 35 Grad im Schatten fast zum Erliegen kommt. Zusammen mit den anderen Mopeds weichen wir auf die staubigen R\u00e4nder der Stra\u00dfen aus und schl\u00e4ngeln uns irgendwie vorw\u00e4rts. Auf der kurvenreichen Strecke hinter der Stadt sind dann nur noch etliche Jeeps unterwegs und es ist geradezu eine Wohltat. Endlich weht auch etwas k\u00fchlere H\u00f6henluft durch das Visier und die offene Motorradjacke. In der h\u00fcgeligen Kleinstadt Kalimpong legen wir zwei Tage lang eine Pause ein und erholen uns unter bunten Gebetsfahnen und mit Blick auf die weite Berglandschaft vom Stress der Stra\u00dfe. Von hier aus reiten wir dann in den Nordosten ein.<\/p>\n\n\n\n \t\t\n\t\t\t\t