{"id":1532,"date":"2008-08-03T20:28:52","date_gmt":"2008-08-03T18:28:52","guid":{"rendered":"http:\/\/www.emmenreiter.de\/?page_id=1532"},"modified":"2016-12-16T07:48:47","modified_gmt":"2016-12-16T05:48:47","slug":"usbekistan-samarkand-seidenstrasse","status":"publish","type":"page","link":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/usbekistan-samarkand-seidenstrasse\/","title":{"rendered":"Usbekistan: Post aus Samarkand"},"content":{"rendered":"
Wir sind insgesamt neun Tage in Samarkand und solange wohnen wir im Gasthaus Dilshoda gleich neben dem Guri Amir Mausoleum. Zentrum des Geschehens in der privaten Pension ist der gem\u00fctliche Innenhof, in dem man die nette Gastfamilie trifft und sein Fr\u00fchst\u00fcck auf traditionellen M\u00f6beln isst: auf einem bett\u00e4hnlichen Holzgestell (Tapchan) und bunten Matratzen (Kurpacha). Fr\u00fchst\u00fcck ist f\u00fcr uns die willkommenste Mahlzeit. Am Abend serviert dann der Usbeke oft das Nationalgericht Plov (Eintopf aus Reis, Gem\u00fcse und Fleisch, in \u00d6l gegart). Das ist zwar ganz lecker, aber ziemlich schwer verdaulich. Wir mussten in Samarkand leider noch mal eine Di\u00e4t einlegen, da uns ein noch schlimmeres Magen-Darm-Problem zwei Tage lang ans Bett und Klo gefesselt hat. Diesmal haben wir h\u00e4rteres Gesch\u00fctz aufgefahren: Antibiotika. Zum Gl\u00fcck hat es gut gewirkt.
\nLeider sind die Tage derzeit extrem hei\u00df. Usbekistan hat dieses Jahr einen Rekordsommer. Zwischen zw\u00f6lf und sechszehn Uhr ist es nur im Schatten oder Hotel auszuhalten. Es sei denn, man vertr\u00e4gt die gef\u00fchlte 60-Grad-Hitze. Wir ertragen sie kaum. Daher besuchen wir nur vor und nach der Hitzespeerstunde die 1001-Nacht-Denkm\u00e4ler wie Registan, Guri Amir Mausoleum und Bibi Khanym Moschee. Auf dem Weg dorthin passieren wir das architektonische Erbe der Sowjetunion: Hotels, Parks und Alleen im unverkennbaren Stil. Hier in Samarkand liegen 1001 Nacht und Sowjetstyle sehr dicht beieinander. Wenn wir kein Sightseeing machen, sitzen wir am Computer, lesen im Reisef\u00fchrer, gehen kurz Einkaufen oder liegen ermattet von nur einem 2-Kilometer-Fu\u00dfmarsch auf dem Bett. Als Ausl\u00e4nder durch Samarkand zu laufen kann sehr anstrengend und teilweise nervig sein. Denn touristen\u00e4hnliche Wesen m\u00fcssen in Usbekistan f\u00fcr fast alles das Zwei- bis Dreifache bezahlen. Ob nun f\u00fcr Sehensw\u00fcrdigkeiten, Unterkunft, Taxi oder Essen. Die Usbeken haben das gute Gesch\u00e4ft mit dem Tourismus schnell gelernt. Darum m\u00fcssen wir auch t\u00e4glich und \u00fcberall aufs Neue verhandeln und aufpassen, dass wir m\u00f6glichst wenig ausgenutzt werden. Unsere Verhandlungstricks werden zwar von Tag zu Tag besser, die Lust auf st\u00e4ndige Spielchen aber immer geringer. Leider versteht hier niemand den Unterschied zwischen normalen Touristen, die im Urlaub nicht unbedingt aufs Geld achten m\u00fcssen, und relativ armen Reisenden wie uns, die ein Kostenbuch zu f\u00fchren haben.
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Sonntag ist keinesfalls Ruhe-, sondern Basartag! Der Basar ist neben der Familie der wichtigste Lebensbestandteil, auch deshalb, weil er f\u00fcr die meisten Menschen im Lande die Haupteinnahmequelle ist. Hier trifft man Doktoren, die ihren Job im Krankenhaus gegen einen Basarverkaufsstand getauscht haben, weil sie damit besser verdienen. Wir dr\u00e4ngeln uns in Samarkand mit ein paar Frauen in den Minibus nach Urgut, um uns vierzig Kilometer weiter das Treiben auf einem zentralasiatischen Gro\u00dfmarkt anzugucken. Auf der Stra\u00dfe vor dem Basar f\u00e4ngt das Durcheinander schon an. Etliche alte Ladas und Busse suchen links und rechts eine L\u00fccke zum Anhalten, Aus- und Zusteigen und Weiterfahren. Wir wagen uns gleich in den lauten Basar-Dschungel und irren f\u00fcr drei Stunden durchs Labyrinth aus St\u00e4nden, an denen Lebensmittel, Stoffe, Kleider, Schuhe, Haushaltswaren und so weiter gehandelt werden. Frauen in bunt gemusterten, luftigen Kleidern und dem Handy-Taschenrechner in der Hand managen das Gesch\u00e4ft. Beim Anblick zwar chaotisch, ist die Stimmung auf dem Urgutbasar doch irgendwie sehr entspannt. Ungest\u00f6rt beobachten wir die Menge an Leuten; ab und zu spa\u00dfen sie mit uns herum. Impressionen vom Basar findet Ihr hier: Fotos
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2. August 2008. Unser letzter Tag in Samarkand. Es ist erst zehn Uhr morgens und schon wieder misst es 40 Grad im Schatten. Muhammad Ewaz Badghisi, 92 Jahre alt und immer noch jeden Tag bei der Arbeit, f\u00fchrt uns heute den ganzen Vormittag in aller Ruhe durch seine kleine, ber\u00fchmte Seidenteppichfabrik. \u201eSamarkand Bukhara Silk Carpets\u201c ist die Einzige in ganz Zentralasien. Der sog. Seidenk\u00f6nig von Samarkand hat seine Geheimnisse des Seidenteppichhandwerks durch die sowjetische \u00c4ra gerettet. \u201eStalin wollte damals kein Handwerk,\u201c sagt Muhammad. Der bescheidene Alte ist geb\u00fcrtiger Turkmene, war Sohn eines reichen Gesch\u00e4ftsmannes und hat die meiste Zeit seines Lebens in Afghanistan verbracht. Auf der Flucht vor den Russen war er sp\u00e4ter ein paar Jahre in den USA und auch in Deutschland. Seine Passion f\u00fcr die Teppichkunst, die Muhammads Familie \u00fcber mehrere Generationen weitergegeben hat, gab er zu keiner Zeit auf. Seit 1992 lebt er wieder in Zentralasien und hat die Seidenteppichherstellung nach Samarkand zur\u00fcckgebracht. Muhammad zeigt uns stolz die Wandtafel mit Fotos von zentralasiatischen Staatsoberh\u00e4uptern, Kofi Annan und Hillary Clinton \u2013 sie alle haben sein traditionelles Handwerk bereits pers\u00f6nlich bestaunt. \u201eJoschka Fischer aus Deutschland hat hier auch schon einen Teppich gekauft,\u201c erz\u00e4hlt er uns auf Englisch. Wir setzen uns zusammen in den sog. Showroom vor die Stapel wertvoller Seidenteppiche. Er schl\u00e4gt jeden Teppich einzeln f\u00fcr uns um. Wir streichen \u00fcber die samtweiche, schimmernde Oberfl\u00e4che und sind beeindruckt vom Endprodukt der teilweise zwei Jahre langen Handarbeit pro Exemplar.
\nF\u00fcr den Seidenk\u00f6nig arbeiten derzeit 450 junge Frauen. Sie spinnen die Seidenf\u00e4den aus den Raupenkokons, f\u00e4rben die Fasern mit ausschlie\u00dflich nat\u00fcrlichen Farbstoffen (z.B. von Granatapfel, Wallnuss oder Maulbeerbaum) und kn\u00fcpfen am Ende die Teppiche nach verschiedenen traditionellen Mustern. Viele der hochwertigen St\u00fccke sind Auftragsarbeiten f\u00fcrs Ausland. In sechs Quadratmeter einzigartige Seidenteppichqualit\u00e4t investiert man als K\u00e4ufer etwa eintausend Euro. Wie viel die M\u00e4dchen hier verdienen, haben wir nicht gefragt, aber bei den Arbeitsverh\u00e4ltnissen orientiert sich die Fabrik wohl bewusst an westlichen Normen.
\nWir genie\u00dfen die interessante Privatf\u00fchrung des erfahrenen Mannes. Am Ende k\u00f6nnen wir Muhammad erstaunlicherweise ebenfalls beeindrucken, als wir ihm erz\u00e4hlen, dass wir auf dem Motorrad nach Samarkand gekommen sind. Er m\u00f6chte sogar noch ein Foto machen, damit er Anderen von uns berichten kann. Muhammad begleitet uns am Ende hinaus bis auf die Stra\u00dfe und h\u00e4lt ein Auto f\u00fcr uns an, das uns zur\u00fcckfahren soll. Gl\u00fccklich \u00fcber diese Begegnung bedanken und verabschieden wir uns vom Seidenk\u00f6nig von Samarkand.
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Leider k\u00f6nnen <\/a>wir nicht ewig in Samarkand und bei unserer mittlerweile lieb gewonnen Familie aus der Dilshoda-Pension bleiben. Die Pension ist sehr gut besucht. T\u00e4glich sehen wir neue G\u00e4ste kommen und gehen: Franzosen, \u00d6sterreicher, Belgier, Amerikaner\u2026 Sie alle bleiben meistens nur ein, zwei Tage. Bleibt man etwas l\u00e4nger, so wie wir, kommt man der Pensionsgro\u00dffamilie inkl. Babuschka und Enkeln langsam n\u00e4her und es entsteht eine ganz andere, vertraute Atmosph\u00e4re. n\u00e4chste Reisegeschichte ><\/a> Samarkand: Ein Mix aus Sowjetstyle und 1001 Nacht Wir sind insgesamt neun Tage in Samarkand und solange wohnen wir im Gasthaus Dilshoda gleich neben dem Guri Amir Mausoleum. Zentrum des Geschehens in der privaten Pension ist der gem\u00fctliche Innenhof, in dem man die nette Gastfamilie trifft und sein Fr\u00fchst\u00fcck auf traditionellen M\u00f6beln isst: auf einem…<\/p>\n","protected":false},"author":2,"featured_media":1534,"parent":0,"menu_order":0,"comment_status":"open","ping_status":"open","template":"","meta":{"ngg_post_thumbnail":0,"_links_to":"","_links_to_target":""},"tags":[171,368],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/1532"}],"collection":[{"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/pages"}],"about":[{"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/types\/page"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/users\/2"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=1532"}],"version-history":[{"count":0,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/1532\/revisions"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/media\/1534"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=1532"}],"wp:term":[{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=1532"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}
\nWie es von hier aus mit unserer Reise nach Indien weitergeht, planen wir mehrere Stunden. Wir sitzen \u00fcber den Landkarten von Tadschikistan, China und Pakistan und spielen die Route \u00fcber den Pamir- und Karakorumhighway durch: Wo k\u00f6nnten wir unterkommen und wo kommen wir an Benzin? Wie viele hohe Gebirgsp\u00e4sse gibt es? Wie sind die Stra\u00dfenverh\u00e4ltnisse im September? Wann genau beginnen wir den Chinatransit? Wie kommen wir notfalls nach Indien, wenn unsere Motorr\u00e4der an den P\u00e4ssen schlapp machen? Wir m\u00fcssen wohl unsere Aufenthaltserlaubnis f\u00fcr Tadschikistan und Kirgistan in den n\u00e4chsten Tagen in Taschkent zeitlich noch einmal \u00e4ndern lassen, damit alles klappt. Wir holen uns per E-Mail ein paar Tipps von der Reiseagentur Stantours in Almaty und sprechen mit anderen Reisenden. Um etwas Gewicht auf dem Motorr\u00e4dern einzusparen, sortieren wir noch unser Gep\u00e4ck aus und schicken ein immerhin 5-Kilo-Paket nach Deutschland zur\u00fcck. Der Besuch bei der Post hat zweieinhalb Stunden gedauert. Alles wurde auseinandergenommen, notiert, gewogen, in drei Teilen neu verpackt und versiegelt. Mal sehen, ob und wann das Zuhause ankommt. Oben ist wenigsten schon mal ein Foto, wie eines der drei Pakete aussieht.<\/p>\n
\n<\/a>< zur\u00fcck zur Karte<\/a><\/strong><\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"