{"id":1587,"date":"2008-09-24T12:59:39","date_gmt":"2008-09-24T10:59:39","guid":{"rendered":"http:\/\/www.emmenreiter.de\/?page_id=1587"},"modified":"2016-12-16T07:51:24","modified_gmt":"2016-12-16T05:51:24","slug":"kirgistan-sarytash","status":"publish","type":"page","link":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/kirgistan-sarytash\/","title":{"rendered":"Kirgistan: Tage in einer anderen Zeit"},"content":{"rendered":"

\"Sary<\/p>\n

Sary-Tash: Dorf am Ende der Welt<\/h3>\n

Wir erreichen Sary-Tash \u2013 ein kleines kirgisisches Dorf auf dreitausend Metern, durch das viele \u00fcberladene Lastwagen aus China rollen und kr\u00e4ftig Staub aufwirbeln. Seit der siebzig Kilometer entfernte Irkeshtam-Grenz\u00fcbergang zu China vor ein paar Jahren ge\u00f6ffnet hat, ist Sary-Tash ein Ort f\u00fcr einen kurzen Zwischenstopp geworden. Nach ein paar Tagen im einsamen Pamir freuen wir uns \u00fcber etwas Leben auf der Stra\u00dfe, die gro\u00dfe Tankstelle mit ausgemusterten Aral-Zapfs\u00e4ulen und das Zimmer hinterm Cafe Aida, in dem wir drei Tage wohnen werden, bevor wir nach China reisen. Die n\u00e4chsten Tage tauchen wir in eine andere Zeit ein. So haben vielleicht unsere Gro\u00dfeltern kurz nach dem Krieg auf dem Dorf gelebt. Unser dunkles Zimmer ist klamm, hat keinen Ofen. Zum Hockklo laufen wir \u00fcber den gro\u00dfen Hof. Wasser gibt es nur aus der Kanne oder dem Eimer. In einem der winzigen Dorfl\u00e4den finden wir wenigstens Snickers \u2013 ein St\u00fcck Heimat, nach dem wir regelrecht gieren, seit es so kalt geworden ist. Wir kaufen alle \u00fcbrig gebliebenen Exemplare des Powerriegels, au\u00dferdem ein Kilo Kartoffeln, acht Eier, vier Zwiebeln und sechs Flaschen Quellwasser. Damit kochen wir uns jeden Tag eine deftige Mahlzeit. Den friedlichen Hofhunden, die uns und unsere Moppeds bewachen, geben wir auch was ab.
\nDie Menschen hier leben langsam. Es gibt nicht viel zu tun in Sary-Tash: ein paar K\u00fche auf den Berg treiben, Spiegeleier zum Fr\u00fchst\u00fcck braten, die staubige W\u00e4sche waschen, sich in der Sonne w\u00e4rmen. Wir haben zum Gl\u00fcck ab und zu Strom in unserem Zimmer und k\u00f6nnen Geschichten dar\u00fcber schreiben, durchs Dorf spazieren und Fotos machen. Wir gehen kurz nach Dunkelheit ins Bett und stehen mit der Sonne auf. So ist das Leben.<\/p>\n\n\n\n \t\t\n\t\t\t\t