{"id":1846,"date":"2009-01-03T22:09:54","date_gmt":"2009-01-03T20:09:54","guid":{"rendered":"http:\/\/www.emmenreiter.de\/?page_id=1846"},"modified":"2016-12-16T07:39:48","modified_gmt":"2016-12-16T05:39:48","slug":"indien-konkankueste","status":"publish","type":"page","link":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/indien-konkankueste\/","title":{"rendered":"Konkank\u00fcste: Welcome to the beach!"},"content":{"rendered":"

\"An<\/p>\n

Daman: Das Meer vor Augen<\/h3>\n

Auf dem Weg von Champaner nach Daman legen wir nahe Baruch eine Zwischen\u00fcbernachtung ein. Ab Vadodara bis Surat befindet sich der Highway 8 n\u00e4mlich durchgehend im Bau und Schlangen von Lastwagen, Bussen und schlechten Autofahrern w\u00e4lzen sich auf nur einer Fahrbahn im Schneckentempo vorw\u00e4rts. Mit den MZ schl\u00e4ngeln wir uns geduldig durch. Nach anstrengenden f\u00fcnf Stunden und hundertdrei\u00dfig Kilometern steigen wir ausnahmsweise in einem Hotel direkt am Highway ab.
\n18. Dezember. Wir erreichen die warme Westk\u00fcste und haben zum ersten Mal das Arabische Meer vor Augen. Hier in Daman, einer kleinen ehemals portugiesischen Kolonie 140 Kilometer n\u00f6rdlich von Mumbai, entspricht der Strand zwar noch keinem tropischen Paradies, aber wir f\u00fchlen uns trotzdem sehr wohl in dem K\u00fcstenst\u00e4dtchen. Es ist ein Urlaubsort f\u00fcr gut gelaunte Inder, in dem sich selten ausl\u00e4ndische Touristen tummeln. Im freundlichen Brighton Hotel mit Blick aufs Meer gibt man uns ein sonniges, sauberes Zimmer und den Motorr\u00e4dern sogar einen Garageplatz.
\nIn Daman gew\u00f6hnen wir uns erstmal an das schw\u00fclwarme Wetter. Die beiden Str\u00e4nde Devka und Jampore ein paar Kilometer n\u00f6rdlich und s\u00fcdlich der Stadt laden uns nicht zum Baden ein, aber wenigstens zu einem Spaziergang. Im Internetcaf\u00e9 recherchiert Micha nach Ersatzteilen f\u00fcr die MZ, die unser Freund Andreas bei seinem Besuch im Januar aus Deutschland mitbringen kann. G\u00fcnter Six (www.mzsimson.de) hatte von selbst angeboten, uns auf der Tour kostenlos mit Ersatzteilen zu versorgen. Das finden wir super! Und jetzt, wo die Mopeds uns artig bis nach Indien gebuckelt haben, sollen ein paar Teile wie Kettenkit und Schwingenlager erneuert werden. Nach drei Tagen Akklimatisierung in Daman geht es nun, im Bogen vorbei am Gro\u00dfstadtverkehr in Mumbai, immer weiter nach S\u00fcden. Die Konkank\u00fcste \u2013 der etwa 500-Kilometer-Abschnitt zwischen Mumbai und Goa \u2013 soll super sein und einsame Str\u00e4nde haben. Genau das Richtige f\u00fcr die Festtage\u2026<\/p>\n

Heilig Abend im Fischerdorf Murud<\/h3>\n

21. Dezember. Die Fahrt von Daman bis zum Fischerdorf Murud dauert neun Stunden inklusive einer kurzen Tankpause. Es ist Sonntag und wir sind morgens um sieben Uhr losgefahren, als es noch k\u00fchl und ruhig war. Doch schon nach einer kurzen Weile auf der Stra\u00dfe wurde der Verkehr immer dichter und der Bogen um Mumbai zog sich hin. Die Ortwegweiser in kleineren St\u00e4dten und auf den Nebenstra\u00dfen sind fast immer in Hindi, so dass wir \u00f6fter mal anhalten und nachfragen m\u00fcssen. Die Kilometerangaben der Inder d\u00fcrfen wir dann nicht so ernst nehmen, die Richtung jedoch stimmt meistens. Die letzten f\u00fcnfzig Kilometer von Alibad nach Murud bringen wir auf einer kleinen, holprigen K\u00fcstenstra\u00dfe durch schattige Palmenw\u00e4lder und kleine D\u00f6rfer hinter uns. Der Hintern f\u00fchlt sich platt und wund an vom langen Sitzen. Die Sonne ist noch kr\u00e4ftig und treibt die Schwei\u00dfperlen, als wir endlich absteigen, um an der Strandstra\u00dfe in Murud nach einer geeigneten Bleibe zu suchen. Obwohl die Konkank\u00fcste touristisch nicht so gut erschlossen ist und fast nur von Indern besucht wird, sind wir umso verwunderter, wie teuer hier die Unterk\u00fcnfte im Vergleich zu Anderswo sind. Auf unserer bisherigen Indienreise haben wir \u00fcberall in einem einfachen, aber sch\u00f6nen Doppelzimmer f\u00fcr 200 bis 500 Rupi die Nacht gewohnt; das sind drei bis sieben Euro. In den Strandressorts der Konkank\u00fcste steht das Drei- bis F\u00fcnfzehnfache auf der Preistafel. Zu Feiertagen wie Weihnachten und Silvester wird sogar noch drauf geschlagen. Einige Hotels kassieren ein durchschnittliches indisches Monatsgehalt pro \u00dcbernachtung und sind trotzdem ausgebucht. Das k\u00f6nnen sich nur die wachsende indische Mittelklasse und Besserverdiener aus Mumbai leisten, die man unter anderem daran erkennt, dass sie un\u00fcbersehbar f\u00fclliger sind. Fette B\u00e4uche und dicke Kinder sind also auch in Indien angekommen. Wir sind in einem kleinen Gasthaus mit Meerblick untergekommen. In der N\u00e4he gibt es ein einfaches Strandrestaurant und im Dorf eine bunte, quirlige Ladenstra\u00dfe mit frischen Gem\u00fcsest\u00e4nden. Es ist mittlerweile Heiligabend und da kochen wir seit langem mal wieder selbst. Keine Gans, aber immerhin in den Festfarben Rot, Gr\u00fcn, Wei\u00df. Es gibt Pasta al dente mit frischer Tomaten-Knoblauch-Erbsen-Curry-Sauce, zubereitet auf dem Flachdach unserer Unterkunft am Strand. Angesto\u00dfen wird mit Tari, privat hergestelltem Kokuswein, gewonnen von den Fr\u00fcchten der Palmen auf dem Hof. Micha pfeift zwar ein Weihnachtslied, aber gegen die Sommer-Sonne-Meer-Stimmung kommt das nicht an. Die Bescherung f\u00e4llt einfach aus: Dass wir beide hier sitzen, ist unser Geschenk.
\nBevor wir ins n\u00e4chste Dorf weiterziehen, machen wir noch einen Ausflug zur Inselfestung Janjira, die seit 870 Jahren ein paar Kilometer von Murud entfernt im Meer liegt. Es ist eine verwilderte Ruine mit alten Tempeln, Gew\u00f6lben, Treppen und Eisenkanonenrohren \u2013 ein perfekter Abenteuerspielplatz. Wir setzen uns mit siebenunddrei\u00dfig Indern auf die Planken eines kleinen Holzsegelboots und lassen uns vom einheimischen Bootsmann gem\u00e4chlich zur Festung r\u00fcberschippern. Auf dem Weg zur Bootsanlegestelle halten wir noch kurz am morgendlichen Muruder Fischmarkt an. Frauen verkaufen den Fr\u00fchfang ihrer M\u00e4nner aus K\u00f6rben und Blecheimern. F\u00fcr die herrenlosen Dorfkatzen f\u00e4llt dabei auch was ab. Abends probiert Micha im Dorfrestaurant sein erstes indisches Fischgericht \u2013 eine sehr schmackhafte Abwechslung zum vegetarischen Curry.
\nDie Menschen in Murud machen einen zufriedenen Eindruck. Allerdings entgeht uns nicht, dass der Junge, der im Gasthaus saubermacht oder im Restaurant von morgens bis abends das Geschirr abr\u00e4umt und w\u00e4scht, h\u00f6chstens dreizehn Jahre alt ist. Und das Frauen, immer in ihren h\u00fcbschen Saris gekleidet, schwerste Holzb\u00fcndel auf ihren K\u00f6pfen und zarten, kleinen K\u00f6rpern im Laufschritt \u00fcber lange Strecken balancieren m\u00fcssen. \n\n\n \t\t\n\t\t\t\t