{"id":2638,"date":"2009-04-07T17:48:00","date_gmt":"2009-04-07T15:48:00","guid":{"rendered":"http:\/\/www.emmenreiter.de\/?page_id=2638"},"modified":"2016-12-16T06:47:17","modified_gmt":"2016-12-16T04:47:17","slug":"helambu-trekking-2009","status":"publish","type":"page","link":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/helambu-trekking-2009\/","title":{"rendered":"Helambu: 9 Tage zu Fu\u00df \u00fcber Berge"},"content":{"rendered":"
<\/p>\n
Immer nur auf den Emmen reiten? N\u00f6! In den Bergen Nepals haben wir auch gar keine andere Wahl. Es sei denn, wir steigen auf Yak oder Esel um. Obwohl wir keine Trekkingprofis sind, wollen wir unbedingt ein paar Tage die Umgebung und das Leben des Sherpavolks im nepalesischen Himalaja aus eigener Kraft entdecken. Die Helambu-Region ist daf\u00fcr perfekt: Der Ausgangspunkt des Treks ist von Kathmandu aus mit dem Bus in nur einer Stunde erreichbar. Bei gutem Wetter hat man tolle Aussichten auf die hohen Schneegipfel der Langtang-Bergkette und kommt auf dem Weg durch die typischen, tibetisch gepr\u00e4gten D\u00f6rfer. Im Helambu sind au\u00dferdem nur wenige Touristen unterwegs, was die Bergreise mit dem Rucksack halbwegs authentisch macht. Auf einen Bergf\u00fchrer oder Tr\u00e4ger sind wir in dieser Gegend gl\u00fccklicherweise auch nicht angewiesen. <\/a><\/p>\n Strecke: von Sundarijal (1460m) nach Chisopani (2215m)<\/strong> 25. M\u00e4rz, 6 Uhr. Der Wecker klingelt. Unsere gepackten Rucks\u00e4cke warten schon die ganze Nacht am Bett. Noch ein letztes gro\u00dfes Fr\u00fchst\u00fcck im Yak Restaurant und um halb Neun sitzen wir im Bus nach Sundarijal. Eine Stunde sp\u00e4ter sind wir an der Endstation \u2013 unser Ausgangspunkt f\u00fcr die Trekkingtour. Von nun an geht es nur noch zu Fu\u00df weiter. Neun Tage lang. Die Rucks\u00e4cke sitzen perfekt und sofort beginnt eine Felstreppe \u2013 nat\u00fcrlich sch\u00f6n steil aufw\u00e4rts. Heute m\u00fcssen wir fast einen Kilometer Lufth\u00f6he erklettern. Wir hoffen, dass die Puste reicht, um unser erstes Etappenziel vorm Dunkelwerden zu erreichen. Micha sucht im Unterholz nach zwei guten Wanderst\u00f6cken, an denen wir uns seelisch und k\u00f6rperlich festhalten k\u00f6nnen. Nach einer Stunde Treppe-Non-Stop stehen wir mit roten Gesichtern am Eingang des Shivapuri Nationalparks und d\u00fcrfen ein bisschen verschnaufen, solange wir die zweimal 250 Rupien Eintrittsgeld bezahlen. \u201eWenn das weiter so steil nach oben geht, dann schaffen wir das niemals bis nach Chisopani!\u201d Aller Anfang ist eben schwer. Das Aufw\u00e4rts nimmt kein Ende. Die Sonnenstrahlen sind kr\u00e4ftig und heizen uns zus\u00e4tzlich ein. Ich motiviere mich mit dem Sprichwort, das ich aus einer Bergsteigerdokumentation behalten hat: Wer andere besiegt, hat Muskelkraft. Wer sich selbst besiegt, ist stark. Strecke: von Chisopani (2215m) nach Joghin Danda (2450m)<\/strong> Wir hatten eine gute erste Nacht und krabbeln um halb Sieben ausgeschlafen aus dem Schlafsack. Zum Fr\u00fchst\u00fcck essen wir Omelett, Bratkartoffeln und tibetisches Brot \u2013 eine ordentliche Menge neuer Energie. Immer noch ist es drau\u00dfen wolkig. Als wir losgehen, m\u00fcssen wir unsere Motorradregensachen \u00fcberstreifen, denn es f\u00e4ngt an zu regnen. F\u00fcnf Minuten sp\u00e4ter scheint dann pl\u00f6tzlich die Sonne und wir pellen uns wieder aus der Kombi heraus. Wir laufen etwa eine halbe Stunde bergab bis nach Tati Banyang (1.770 m). Die H\u00f6henmeter von gestern sind damit hin. Kaum ausgesprochen geht es nach einem kleinen Marsch auf gleicher Ebene auf den n\u00e4chsten Gipfel mit 2450 Metern \u2013 aufw\u00e4rts f\u00fcr den Rest des Tages. Auf dem steinigen Pfad nach oben wechseln sich Sonnenstrahlen und Regenschauer ab. Wenn es zu heftig wird, setzen wir uns kurz unter die Vord\u00e4cher der Sherpah\u00fctten am Wegesrand. Wir blicken beim Verschnaufen hinter uns auf die Terrassenfelder im Tal, in denen die Saat gerade erst aufgeht. An den H\u00e4ngen nutzen die Bauern jeden Platz, um Kartoffeln oder Reis anzubauen. Manchmal messen einzelne Terrassen gerade mal zwei Quadratmeter. Strecke: von Joghin Danda (2450m) nach Kutumsang (2470m)<\/strong> Fr\u00fch am Morgen wecken uns Kinderstimmen: \u201eGood morning, Suzan! Good morning, Michel!\u201d Dolma und Diki sind schon hellwach auf den Beinen und warten darauf, dass wir raus in die Sonne treten. Z\u00fcgig steigen wir mit muffigen Socken in die Stiefel, werfen das Gep\u00e4ck auf den Buckel und nehmen zusammen mit Ashley Abschied von der kleinen Sherpafamilie in Joghin Danda. \n Strecke: von Kutumsang (2.470 m) nach Tharepati (3.510 m)<\/strong> Weil wir so fr\u00fch schlafen gehen, wachen wir auch ohne Weckerklingeln fr\u00fch genug auf. Die Socken und T-Shirts, die wir gestern in der Blechsch\u00fcssel endlich mal durchgesp\u00fclt haben, tragen sich gleich viel angenehmer. Nach Haferbrei zum Fr\u00fchst\u00fcck begeben wir uns gut gelaunt auf die schwierigste Etappe. Tagesziel ist Tharepati \u2013 der h\u00f6chste Ort unseres Helambu-Abenteuers. Die Leute erz\u00e4hlen uns, dass es dort gestern kr\u00e4ftig gest\u00fcrmt und geschneit hat. In Kutumsang ist es windstill und leicht bew\u00f6lkt. Eine Viertelstunde hinterm Ort beginnen wir einen laaaangen Aufstieg, f\u00fcr den wir etwa sechs bis sieben Stunden einplanen. Strecke: von Tharepati (ca. 3.700 m) nach Melamchigaon (2.530 m)<\/strong> In den ersten vier Tagen zu Fu\u00df im Himalaja sind wir vom Sommer in den Fr\u00fchling, in den Herbst und kalten Winter geklettert. Nach einer Schneeballschlacht auf dem h\u00f6chsten Gipfel unseres Helambu-Marsches geht es jetzt wieder runter in den Bergfr\u00fchling, wo die Rhododendren bl\u00fchen und die H\u00fchnerk\u00fcken schl\u00fcpfen. Strecke: von Melamchigaon (2.530 m) nach Tarkeghyang (2.740 m)<\/strong> Halb sieben, aufstehen! Die Fr\u00fchst\u00fcckseier liegen schon im Topf und der Chapati-Teig wird gerollt. Wir setzen uns an die Kochstelle in der K\u00fcche auf den Boden und beobachten, wie unsere erste Mahlzeit des Tages zubereitet wird. Die Sonne scheint hell durch die offene T\u00fcr. Unsere Sherpa Gastgeberin, deren komplizierten Namen wir leider vergessen haben, spricht ein bisschen Englisch und wir nehmen uns die Zeit f\u00fcr ein langes Fr\u00fchst\u00fcck mit ihr. Wir kaufen ihr ein handgefertigtes Nepali-Messer ab \u2013 dasselbe Modell, mit dem in Kutumsang die Ziege geschlachtet wurde. Als wir uns dann um Neun endlich auf die Socken machen, h\u00e4ngt sie uns buddhistische Seidenschals als Gl\u00fccksbringer um den Hals. \u201eDort m\u00fcsst ihr hin, nur drei Stunden Weg!\u201d Sie zeigt mit ihrem Finger auf ein Dorf auf der anderen Bergseite des Tals. Wir haben Dorf Tarkegyang also schon vor Augen. Mit dem Tagesziel in Sichtweite starten wir voller Kraft in den sechsten Helambutag. Strecke: Spaziergang durch Tarkeghyang (2.740 m) In Tarkeghyang tauchen wir ein bisschen ins Sherpaleben ein. Morgens kocht die Familie Kichererbsen und reicht uns eine Schale vom lecker, aber sauscharf gew\u00fcrzten Fr\u00fchst\u00fcck. Als unsere Augen tr\u00e4nen und Micha die Schwei\u00dfperlen auf der Stirn stehen, streut uns die K\u00f6chin l\u00e4chelnd Reisflocken zur Entsch\u00e4rfung in die Schalen. Strecke: von Tarkeghyang (2.740 m) nach Sermathang (2.590 m) Beim Aufstehen in Tarkeghyang sp\u00fcren wir immer noch die Wadenmuskeln. Der Nacken hat sich durch den gestrigen Ruhetag zum Gl\u00fcck etwas entspannt. Meine Augen tr\u00e4nen st\u00e4ndig, vielleicht sind sie vom Feuerqualm im Haus gereizt. Strecke: von Sermathang (2.590 m) nach Melamchipul Bazar (870 m) P\u00fcnktlich um Sieben sind wir bereit zum Abgang. Die letzten Kilometer unseres Helambu-Abenteuers gehen wir zu Dritt mit Amit an. 1720 H\u00f6henmeter nach unten! Am Morgen wissen wir noch nicht, was uns am Ende der Etappe erwartet. Am Ende unserer Wanderung halten wir noch einen Rekord fest:<\/strong> Reise-Abenteuer: Von der Haust\u00fcr zum Himalaja und zur\u00fcck Himalaja, wir kommen – und zwar zu Fu\u00df Immer nur auf den Emmen reiten? N\u00f6! In den Bergen Nepals haben wir auch gar keine andere Wahl. Es sei denn, wir steigen auf Yak oder Esel um. Obwohl wir keine Trekkingprofis sind, wollen wir unbedingt ein paar Tage die Umgebung und das Leben des Sherpavolks im…<\/p>\n","protected":false},"author":2,"featured_media":237,"parent":0,"menu_order":0,"comment_status":"open","ping_status":"open","template":"","meta":{"ngg_post_thumbnail":0,"_links_to":"","_links_to_target":""},"tags":[297],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/2638"}],"collection":[{"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/pages"}],"about":[{"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/types\/page"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/users\/2"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=2638"}],"version-history":[{"count":0,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/2638\/revisions"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/media\/237"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=2638"}],"wp:term":[{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=2638"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}
\nInsgesamt 42 Stunden und 15 Minuten Fu\u00dfmarsch, gesch\u00e4tzte 100 Kilometer Wegstrecke, 3.100 H\u00f6henmeter bergauf und 4.700 H\u00f6henmeter bergab liegen vor uns.<\/strong> Wir werden beide zusammen 45 Liter Bergwasser unsere Kehle runtersp\u00fclen und wieder ausschwitzen, ein paar Gramm Fett verlieren und die Tiefenmuskulatur aus dem Dornr\u00f6schenschlaf holen. Unser Himalaja-Abenteuer beginnt\u2026<\/p>\nTag 1: Aller Anfang ist schwer<\/h3>\n
\n Anstieg: 960 H\u00f6henmeter, Abstieg: 205 H\u00f6henmeter<\/strong>
\n Marschdauer: 5 Stunden, 30 Minuten<\/strong>
\n Gef\u00fchlslage: gespannt, optimistisch \u2013 sp\u00e4ter kurzatmig, \u00fcberhitzt und gut durchblutet<\/strong><\/p>\n
\nWir klettern weiter und suchen unseren Weg durch W\u00e4lder, vorbei an Kornfeldern an den H\u00e4ngen, \u00fcber die H\u00f6fe der Bergbauern und durch kleine Felsschluchten. Nach Wegweisern braucht man nicht zu suchen, es gibt keine. Wir nutzen jede Gelegenheit, um uns bei den Einheimischen \u00fcber den richtigen Weg zu versichern, denn f\u00fcr Umwege reicht die Energie heute nicht aus. Endlich hat sich die Atmung auf das Dauerklettern eingestellt. Immer wieder machen wir einen kurzen Halt, wischen uns den Schwei\u00df von der Stirn und sch\u00fctten Wasser nach. Der hoffnungsvolle Blick auf die nepalesische Wanderkarte hilft uns leider wenig. Wir haben keine Ahnung, wie weit wir auf den Felsentreppen schon gekommen sind. Als wir nach drei Stunden an einem H\u00e4uschen Pause machen, hei\u00dft es: Nur noch zwei Stunden bis nach Chisopani! Das h\u00f6rt sich wirklich gut an. Das Ziel r\u00fcckt auf einmal so nah.
\nWir werfen einen stolzen Blick zur\u00fcck ins Tal. Nach viereinhalb Stunden geht es dann auch endlich mal bergab. Eine letzte Stunde sp\u00e4ter sehen wir dann ein paar H\u00e4user am Horizont: Chisopani! Mit weichen Knien erreichen wir die erste Lodge. Dicke Wolken haben sich gerade \u00fcber uns zusammengerauft. Es blitzt und donnert und wir treten gerade noch rechtzeitig vor dem heftigen Gewitterregen \u00fcber die Schwelle. Die Unterkunft ist perfekt: eine kleine Stube mit Ausblick. Nach einer lauwarmen Dusche schl\u00fcpfen wir in die lange Unterw\u00e4sche, bestellen uns Kr\u00e4utertee und genie\u00dfen auf der Veranda nebenan das kr\u00e4ftige Gewitter, das bis sp\u00e4t in den Abend immer wieder ein tiefes, lautes Donnergraulen \u00fcber die Berge schickt. Die Stimmung ist urgem\u00fctlich, es gibt keine bessere Belohung am ersten Tag!<\/p>\nTag 2: Regenjacke an, aus, an<\/h3>\n
\n Anstieg: 680 H\u00f6henmeter, Abstieg: 445 H\u00f6henmeter<\/strong>
\n Marschdauer: 6 Stunden, 30 Minuten<\/strong>
\n Gef\u00fchlslage: Rucksack schwer, Beine schwer, alles schwer<\/strong><\/p>\n
\nNach einer langen, kr\u00e4ftezehrenden Felsentreppe landen wir mit dem letzten Stufenschritt auf dem Hof einer Familie kurz vor Chipling. Eine gute Gelegenheit, sich bei einer dampfenden Tasse schwarzen Tees eine Weile zu erholen. Wenn die Wanderkarte richtig ist, haben wir noch ein ganzes St\u00fcck vor uns. Kurz nachdem wir die drei, vier H\u00e4user von Chipling passieren, stehen wir mal wieder wie ein Ochse vorm Scheunentor an einer Gabelung, die in der Karte nicht eindeutig erkennbar ist. Der linke Weg sieht etwas breiter und \u00f6fter begangen aus. Der Rechte ist kaum als solcher zu erkennen. Eine Stunde sp\u00e4ter stehen wir wieder an derselben Stelle und haben endlich verstanden, dass die eher unscheinbaren Pfade viel \u00f6fter die richtigen sind. Der vermeintlich Richtige hatte uns in einem Bogen anstatt nach Norden weiter nach Westen gebracht. Der rechte Pfad entpuppt sich zwei Minuten sp\u00e4ter als eine Reihe von Felsbrocken, \u00fcber die wir nach oben krabbeln. Ich schniefe und schnaube und st\u00fctze mich auf meinem derzeit besten Freund \u2013 den Wanderstock. Die Fu\u00dfsohlen brennen und der Rucksack schn\u00fcrt sich in die Schultern. Es ist schon kurz vor Drei und unser Tagesziel Gul Banyang liegt noch gesch\u00e4tzte anderthalb Stunden Wanderung entfernt auf der anderen Seite vom Pass. Dann endlich setzen wir den letzten Schritt nach oben: Wir stehen jetzt in Joghin Danda am Pass auf 2.450 Metern. Die Sonne scheint seit einer ganzen Weile, der Himmel klart auf. Die friedliche Stimmung an diesem Ort ist herrlich, ringsum der weite Blick auf T\u00e4ler und Berge. Wir entscheiden uns, die Wanderst\u00f6cke in die Ecke zu stellen und diese Nacht hier zu verbringen. In einem der drei H\u00e4user aus Felsstein und Lehm ist eine junge Familie mit drei Kindern zuhause. Micha fragt die junge Mutter mit dem Baby auf dem R\u00fccken, ob wir eine Kammer in ihrer Lodge beziehen d\u00fcrfen. Kurze Zeit sp\u00e4ter, trifft noch ein anderer Wanderer \u00fcber die Schwelle: Ashley aus Australien \u2013 gro\u00df, sportlich, trekking-erprobt, der heute aus Sundarijal bis hierher gestiefelt ist.
\nErstaunt von seiner Energie tauschen wir an unserem gemeinsamen Feierabend die unterschiedlichen Erfahrungen aus, w\u00e4hrend die s\u00fc\u00dfen M\u00e4dchen, Dolma und Diki, unsere Aufmerksamkeit suchen. Nach Sonnenuntergang wird es sofort kalt. W\u00e4hrend die M\u00e4dchen immer noch im T-Shirt und barfu\u00df \u00fcber den Lehmboden laufen, d\u00fcrfen wir uns drinnen mit der Familie auf Matten an die gem\u00fctliche Feuerstelle setzen. Der Rauch verteilt sich im kleinen, dunklen Raum. Solange die Mutter frischen Dhal Bhat f\u00fcr uns kocht, beobachten wir, wie sich Dolma um ihren f\u00fcnf Monate alten Bruder k\u00fcmmert. Wenn er weint, steckt sie ihm ihren Finger zum Nuckeln in den Mund. Sie legt ihn in ein kleines K\u00f6rbchen, wackelt ihn in den Schlaf, deckt ein Tuch dar\u00fcber und schiebt alles zusammen unters nahe stehende K\u00fcchenregal. Nach einer Stunde steht unser warmes Abendessen auf drei kleinen Holzb\u00e4nkchen vor uns. Mit brennenden Augen vom Feuerqualm gehen wir um Neun die Au\u00dfentreppe hinauf in unsere Schlafkammern. Schon wieder beginnt ein starkes Gewitter. Ich muss leider noch mal raus aufs Plumpsklo, ein kleiner Bergdurchfall. Der Regen prasselt laut aufs Wellblechdach. Wir hoffen, dass der Sturm die d\u00fcnnen Bleche nicht runterrei\u00dft und wir auf einmal direkt in die Gewitterwolken gucken. Etwas mulmig zu Mute, aber eingekuschelt im Trockenen fallen wir ohne Zwischenf\u00e4lle in den verdienten Schlaf.<\/p>\nTag 3: Abschied von Dolma und Diki<\/h3>\n
\n Anstieg: 490 H\u00f6henmeter, Abstieg: 470 H\u00f6henmeter<\/strong>
\n Marschdauer: 4 Stunden, 30 Minuten<\/strong>
\n Gef\u00fchlslage: morgens gl\u00fccklich, mittags totm\u00fcde, abends satt<\/strong><\/p>\n
\nDer Regen der letzten Nacht hat den Staub aus der Luft gewaschen und vor uns erstreckt sich \u00fcber den gesamten Horizont die beeindruckende Bergkette des Langtangs. Belohnt mit diesem Anblick beginnen wir die dritte Etappe. Mal sehen, wie weit und hoch wir es heute schaffen. Ashley wandert mit Meilenschritten voraus. Es geht auf einem breiten Waldweg runter nach Gul Banhyang (1.770 m). Das nasse Laub auf dem Boden riecht nach Herbst und frische Luft f\u00fcllt unsere Lungen. Hinterm Dorf im Tal wartet wieder ein Anstieg \u00fcber Wiesen und Steine, auf dem wir uns zweieinhalb Stunden mit sportlichem Ehrgeiz aufw\u00e4rts qu\u00e4len. Ashley ist schon l\u00e4ngst \u00fcberm Berg verschwunden. Sein Tempo ist nicht zu toppen. Oben am Gipfel suchen wir nach seinen Fu\u00dfspuren, denn schon wieder stehen wir vor mehreren Pfaden und m\u00fcssen raten, wo lang.
\nEin St\u00fcck weiter bergab treffen wir Ashley mittags im Dorf Kutumsang wieder. Er hat seine Pause gerade beendet und schreitet nach einem Kaffee in Richtung Mangen Goth davon. Wir wollen ihm sp\u00e4ter dorthin folgen und nochmals gemeinsam Feierabend machen. Doch als wir so in der warmen Sonne sitzen und merken, wie schwer und m\u00fcde unsere Glieder sind und wie lang noch der vor uns liegende Anstieg w\u00e4re, g\u00f6nnen wir uns den Luxus, den Wandertag f\u00fcr heute zu beenden. Das Gasthaus ist reizend und hat sogar eine richtig hei\u00dfe Dusche auf dem Hof. Wir haben alles richtig gemacht und genie\u00dfen frisch gewaschen die sportfreien Stunden. Sp\u00e4ter gehen wir noch r\u00fcber ins Holzhaus, wo wir beim Wachmann f\u00fcr je tausend Rupien unsere Tickets f\u00fcr den Langtang Nationalpark besorgen, den wir morgen betreten werden. Abends schlachten die M\u00e4nner und S\u00f6hne mit einem f\u00fcr die Bergregion typischen Nepalidolch eine Ziege. Interessant zu beobachten, aber unser Appetit wird nicht angeregt. Wir m\u00fcssen an das strenge Hammelfleisch aus Usbekistan denken, das auf keinen Fall eine Delikatesse ist. Wie schon so oft f\u00fcllt vegetarisches Dhal Bhat bestens unsere hungrigen B\u00e4uche. Gemeinsam mit einer agilen Maus in unserem Zimmer legen wir uns zur Nachtruhe in die Holzbetten.<\/p>\nTag 4: So riecht der Winter<\/h3>\n
\n Anstieg: 1.140 H\u00f6henmeter, Abstieg: 100 H\u00f6henmeter<\/strong>
\n Marschdauer: 7 Stunden, 15 Minuten<\/strong>
\n Gef\u00fchlslage: pures Winterfeeling bei Kieferngeruch und Schnee<\/strong><\/p>\n
\nDie ersten Meter sind jedes Mal die Schwierigsten, solange sich der K\u00f6rper mit der Anstrengung abgefunden hat. Anfangs umgeben uns urige Laubw\u00e4lder. In dieser Gegend k\u00f6nnte scheinbar jeden Moment der Yeti um die Ecke biegen. Das Wetter wird langsam ungem\u00fctlicher und keine Menschenseele ist in Sicht. Au\u00dfer ein paar Kr\u00e4henschreie ist es sehr still. Weiter oben angelangt schleichen Nebelwolken \u00fcber unseren Pfad. Die Luft ist kalt und feucht. Auf dem Boden erkennen wir eine mysteri\u00f6se Schleifspur, die uns den Weg weist. An den in Wolken liegenden Rhodedendren vorbei beginnt bald ein felsiger Pfad, der uns bis nach Mangen Goth auf 3.220 Meter bringt. Die Luft wird d\u00fcnner und der Atem schneller. Kurz vor der kleinen Siedlung l\u00f6st sich das R\u00e4tsel der Schleifspur auf: Uns kommt ein Nepalese entgegen, der einen gro\u00dfen Holzbalken im Schlepptau ins Tal hievt. Hier in den Bergen wird alles aus eigener Kraft transportiert.
\nEs ist mittags. Nach einer Teepause in der Gaststube in Mangen Goth geht\u2019s schnell weiter, bevor uns die Tr\u00e4gheit \u00fcberkommt. Jetzt liegt hier und da schon mal ein gr\u00f6\u00dferer Flecken Schnee im Wald. Wir stiefeln brav gen Tharepati und bald l\u00f6st eine dichte Schneedecke die Flecken ab. Kiefernadeln duften und erinnern uns an Weihnachten. Der Nebel ist auf einmal so dicht, dass wir kaum noch die Umgebung erkennen. Zum Gl\u00fcck k\u00f6nnen wir den Spuren anderer Leute auf dem rutschigen Pfad durch den Schnee folgen.
\nNach sieben Stunden seit Aufbruch gucken wir auf die Uhr und noch immer ist kein Haus in Sicht. Unmut macht sich breit. Unsere Energie ist f\u00fcr heute fast aufgebraucht. Drei Minuten danach tauchen im Nebel pl\u00f6tzlich ein paar Bergh\u00fctten auf \u2013 und ein Schild: Welcome to Tharepati! So \u00e4hnlich m\u00fcssen sich Tenzing und Edmund gefreut haben, als sie den Mount Everest bestiegen haben!
\nIn der ersten H\u00fctte treffen wir auch endlich unseren Australier Ashley wieder. Sein \u00fcbereilter Aufstieg hat sich leider ger\u00e4cht und er liegt schwach und \u00fcbel auf der Bank am Kaminofen. Wir gesellen uns zu ihm und noch zwei anderen Wanderern. Bis zum Schlafengehen r\u00fccken wir nicht mehr von der w\u00e4rmenden Ofenstelle ab. Drau\u00dfen verharrt der dichte Nebel und drinnen ist es sch\u00f6n gem\u00fctlich. In den einfachen Schlafkammern, in denen die Fenster nur mit Folie verschlossen sind, ist es allerdings so kalt, dass wir unseren Atem sehen k\u00f6nnen. Auf dem h\u00f6chsten Punkt unserer Wanderung ist das Wasser im Eimer neben dem Drau\u00dfenklo mit Eis bedeckt. Der Lodgebesitzer kocht uns ein gutes Essen und danach kriechen wir sekundenschnell in unsere tollen Schlafs\u00e4cke, um stolz in den Winterschlaf zu fallen: \u201eGute Nacht, Tenzing!“, „Gute Nacht, Edmund!\u201d<\/p>\nTag 5: Bergab ist es auch nicht leichter<\/h3>\n
\n Anstieg: 0 H\u00f6henmeter, Abstieg: 980 H\u00f6henmeter<\/strong>
\n Marschdauer: 4 Stunden<\/strong>
\n Gef\u00fchlslage: hoch konzentriert, wenig motiviert<\/strong><\/p>\n
\nDie Nacht in Tharepati war ruhig und warm genug. Wir haben beim Einschlafen gemerkt, dass sich unsere K\u00f6rper erst noch akklimatisieren und an die d\u00fcnnere H\u00f6henluft gew\u00f6hnen m\u00fcssen. Als wir um sechs Uhr aus den Federn kriechen, strahlt drau\u00dfen schon die Sonne \u00fcber den blendenden Schnee. Die Nebelwolken von gestern haben sich in klare Luft aufgel\u00f6st. Der Himmel ist tiefblau und die Sicht auf die Berge frei. Ein perfekter Start in den f\u00fcnften Tag. Mit kleinen Augen und fr\u00f6stelnd machen wir den Schritt vor die T\u00fcr zur Morgenw\u00e4sche. Nach vielen Monaten im Sommer stehen wir in Tharepati auf einmal mitten im Winter.
\nNach m\u00fchevollen Tagen bergauf ist heute endlich ein Bergab-Tag! Mit M\u00fctze und Handschuhen sagen wir Tsch\u00fcss zu Ashley, der heute zusammen mit den beiden anderen Wanderern versucht, \u00fcber einen Viertausenderpass in die Langtang-Region zu kommen. Diesmal geht er es jedoch langsamer an. Auf unserer Etappe steht hingegen ein ganzer H\u00f6henkilometer abw\u00e4rts an. Etwa dreihundert H\u00f6henmeter rutschen wir auf den Sohlen \u00fcber den steilen, steinigen Pfad nach unten. Konzentration ist gefragt und wir merken bald, dass der Abstieg auch nicht viel leichter ist. Keine Sache der Puste, aber der Gelenke und Wadenmuskulatur. Irgendwie haben wir auch das Gef\u00fchl, dass es nichts mehr zu erreichen gibt, obwohl noch so viel Strecke mit neuen Eindr\u00fccken vor uns liegt.
\nDer Schnee h\u00f6rt irgendwann auf und die Landschaft geht in einen feuchten Laubwald \u00fcber. Die Sonne verschwindet immer \u00f6fter hinter Wolken. Die B\u00e4ume sind mit einer dicken Schicht Moos bewuchert und manchmal sieht es so aus, als hingen Affen in den \u00c4sten. Ein paar Schritte weiter, hinter einem der buddhistischen Chorten auf dem Weg, scheuchen wir tats\u00e4chlich ein paar gro\u00dfe, wei\u00dfb\u00e4rtige Langurenaffen auf. Elegant springen sie davon und beobachten uns aus dem Geb\u00fcsch. Heute sind wir die Einzigen, die ihr Revier durchwandern.
\nNach drei Stunden erreichen wir dann die H\u00e4ngebr\u00fccke \u00fcber den Chhyandi-Fluss und k\u00f6nnen die H\u00e4user von Melamchigaon auf dem kleinen H\u00fcgel vor uns sehen. Es f\u00e4ngt an zu nieseln, als wir unsere F\u00fc\u00dfe \u00fcber die Holzschwelle der Himalaya Lama Lodge setzen. Ringsum im Garten baut die Familie des kleinen Gasthauses Kartoffeln und Zwiebeln an. Alles im Hof sieht so ordentlich aus. Auch drinnen, im typisch tibetischen Haus, gl\u00e4nzen der polierte, dunkle Holzfu\u00dfboden und das aufgereihte Edelstahlgeschirr in den mit Schnitzereien verzierten Regalen.
\nDer Abstieg hat uns ganz sch\u00f6n geschlaucht. Wir essen zu Abend und gehen mal wieder fr\u00fch ins Bett. Diesmal um siebzehn Uhr. Wir sind die einzigen G\u00e4ste. Drau\u00dfen kracht ein neues Gewitter und l\u00e4sst den Gem\u00fcsegarten gedeihen. Hofhund Struppi liegt auf der kleinen Veranda vor unserer T\u00fcr und verteidigt sein und unser Revier gegen\u00fcber anderen Hunden aus dem Dorf. Gute Nacht, Struppi!<\/p>\nTag 6: Das Tagesziel vor Augen<\/h3>\n
\n Anstieg: 850 H\u00f6henmeter, Abstieg: 640 H\u00f6henmeter<\/strong>
\n Marschdauer: 5 Stunden<\/strong>
\n Gef\u00fchlslage: neue Kr\u00e4fte nach 13 Stunden Schlaf<\/strong><\/p>\n
\nVorbei an einem gro\u00dfen Tempel beginnt der Abstieg ins Tal, bis wir an die kleine H\u00e4ngebr\u00fccke \u00fcber den Melamchi Khola kommen. Eine Stunde und f\u00fcnfundvierzig Minuten sind bis hier vergangen. An einem Bergbach pumpt Micha frisches Quellwasser in unsere leeren Trinkflaschen und danach machen wir uns auf den Weg nach oben. Das Dorf Tarkegyang versteckt sich jetzt hinter B\u00e4umen und Felsen. Die Luft ist sehr feucht und wir haben Schwei\u00dfr\u00e4nder an den Sachen. Geduldig setzen wir einen Fu\u00df vor den anderen und qu\u00e4len den Wanderstock. Meine Waden sind hart und wir merken mal wieder, das Trekking in den Bergen kein Spaziergang ist. Irgendwann vorm Ziel treffen wir auf zwei Jungs, die jeweils vierzig Kilogramm schwere Sands\u00e4cke geb\u00fcckt zur Baustelle am Tempel schleppen. Sie sind kaum langsamer als wir. Unglaublich, welche Lasten Kinder und Erwachsene in den Bergen herumtragen. Zur St\u00e4rkung gibt es einen M\u00fcsliriegel und wir wandern mit ihnen weiter. Mit G\u00e4nsehaut an den Armen erreichen wir um zwei Uhr bei Regenschauer das Gasthaus in Tarkeghyang. Nach einer hei\u00dfen Dusche aus dem Eimer belohnen wir uns mit einem Riesenteller Bratkartoffeln, Yak-K\u00e4se, Dhal Bhat und hei\u00dfem Zitronentee neben dem gem\u00fctlichen Feuer im Haus. Morgen ist Ruhetag und wir genie\u00dfen die Aussicht auf marschfreie sechsunddrei\u00dfig Stunden.<\/p>\nTag 7: M\u00f6nch, Riesengebetsm\u00fchle und tibetischer Buttertee<\/h3>\n
\nAnstieg: 8 H\u00f6henmeter, Abstieg: 8 H\u00f6henmeter
\nMarschdauer: 1 Stunde
\nGef\u00fchlslage: endlich ein Ruhetag<\/strong><\/p>\n
\nMit dem jungen buddhistischen M\u00f6nch, der neben uns in der Gaststube sitzt, machen wir einen Spaziergang zu den heiligen St\u00e4tten im Ort. Er erz\u00e4hlt uns, dass er gerade drei Jahre und drei Monate Meditation und Schriftenstudium im Kloster absolviert hat. In dieser Zeit sind die M\u00f6nche von der Au\u00dfenwelt v\u00f6llig abgeschottet. Micha dreht mit ihm zusammen an der Riesengebetsm\u00fchle im Tempel \u2013 f\u00fcr gutes Karma.
\nWie in den anderen D\u00f6rfern der Helambu-Region leben die Menschen hier sehr bescheiden, traditionell und sind sich ihrer tibetisch-buddhistischen Wurzeln sehr bewusst. Religion und Familie stehen im Mittelpunkt des Bergdorflebens, in dem M\u00e4nner wie eh und je kleine Felder bewirtschaften, die Frauen mit dem Haushalt besch\u00e4ftigt sind und die Kinder den Alten fr\u00fch zur Hand gehen.
\nEine typische Sherpafamilie l\u00e4dt uns auf dem R\u00fcckweg zum Gasthaus zum salzigen Buttertee in ihre Stube ein. Wie immer brennt das Feuer, an das wir gebeten werden. Im Hintergrund h\u00f6ren wir den Vater Passagen aus heiligen tibetischen Schriften im Sprechgesang vor sich hinmurmeln. Seine beiden S\u00f6hne toben aufgeregt um die Fremden aus Germany herum. Der Buttertee wird reichlich nachgeschenkt und wir lassen uns nicht anmerken, dass er uns nicht schmeckt.
\nNach einem Faulenzernachmittag in der Sonne sehen wir den Israeli Amit im Gasthaus ankommen. Zusammen sitzen wir am Abend in der Stube und lernen neben dem Buddhismus auf einmal auch was \u00fcber die j\u00fcdische Kultur dazu.<\/p>\nTag 8: Frischer Bohnenkaffee aus Israel<\/h3>\n
\nAnstieg: 0 H\u00f6henmeter, Abstieg: 150 H\u00f6henmeter
\nMarschdauer: 4 Stunden
\nGef\u00fchlslage: immer munter, hoch und runter<\/strong><\/p>\n
\nHeute geht es auf eine relativ leichte Hoch-und-runter-Etappe bis nach Sermathang. Amit l\u00e4uft vor uns los. Auf dem Weg \u00fcberholen uns Einheimische, die zu einer Beerdigung ins Nachbardorf gehen. Aus dem Tempel der Trauerfeier, an dem wir einige Zeit sp\u00e4ter vorbei kommen, h\u00f6ren wir dumpfe Trommelschl\u00e4ge und tiefes Gemurmel. Wir stiefeln heute \u00fcber steinige Pfade und B\u00e4che vorbei an einigen Chorten und bunten Gebetsfahnen, die die heiligen St\u00e4tten schm\u00fccken. Zum ersten Mal laufen uns viele Helambubewohner entgegen, die alle m\u00f6glichen Dinge in gro\u00dfen K\u00f6rben auf dem R\u00fccken in die Berge tragen. Einer von ihnen transportiert sogar einen Schrank.
\nIn Sermathang werden wir in der Yangir Lodge herzlich zum Mittag empfangen und treffen Amit wieder. Das Wetter ist wunderbar. Beim Schlendern durchs Dorf auf der Suche nach Keksen sehen wir das alte und langsam zerfallende Rimpoche-Kloster. In dem l\u00e4nglichen Nebengeb\u00e4ude befinden sich zehn kleine Kammern, in denen bis vor kurzer Zeit noch zehn M\u00f6nche gleichzeitig drei Jahre und drei Monate meditiert haben. Momentan wirkt alles ausgestorben. Der Wind r\u00fcttelt am reparaturbed\u00fcrftigen Blechdach und macht einen eigenartigen L\u00e4rm.
\nZur \u00dcberraschung packt Amit am sp\u00e4ten Nachmittag aus seinem Rucksack ein Kaffeekochset mit Gl\u00e4sern aus. Auf seinem Benzinkocher k\u00f6chelt er echten, israelischen Bohnenkaffee f\u00fcr uns und den netten Gastwirt. Die Frauen auf dem Hof staunen \u00fcber die Miniaturkochstelle. Der Kaffeeduft ist bet\u00f6rend. Als die Gl\u00e4ser leer getrunken sind, inhalieren wir noch das feine Aroma aus der leeren Bohnenkaffeet\u00fcte.<\/p>\nTag 9: Das Beste zum Schluss<\/h3>\n
\nAnstieg: 0 H\u00f6henmeter, Abstieg: 1720 H\u00f6henmeter
\nMarschdauer: 5 Stunden, 30 Minuten
\nGef\u00fchlslage: endloser Abgang und so was wie Todesangst<\/strong><\/p>\n
\nEs ist angenehm k\u00fchl als wir losgehen und wir folgen dem kurvigen Jeepweg ins Tal. Wir blicken noch einmal zur\u00fcck auf die Schneegipfel in der Morgensonne. An einer riesigen, goldenen Buddhastatue, die wir einmal im Uhrzeigersinn umrunden und an der wir unsere Gl\u00fccksseidenschals aus Melamchigaon opfern, verabschieden wir uns von der beeindruckenden Helamburegion.
\nTeilweise ist der grobe Weg nach unten ziemlich steil und es wird immer w\u00e4rmer. Die Siedlungen werden dichter und nach etwa f\u00fcnfundzwanzig Kilometern Fu\u00dfmarsch haben wir endlich den Ort Melamchipul Basar erreicht, wo wir \u00fcberhitzt und m\u00fcde in den engen Bus nach Kathmandu einsteigen. Als die f\u00fcnf Ziegen auf dem Busdach verstaut und die H\u00fchner in Pappkartons in die Gep\u00e4ckablage gestopft sind, poltern wir los. Die guten Wanderst\u00f6cke, die uns treu bis hierher begleitet haben, lassen wir am Busstand zur\u00fcck. Wir sitzen hinten und gucken nach vorne \u00fcber die Menschen im Bus hinweg auf die schmale, sandige Bergstra\u00dfe. Die Hoffnung auf eine entspannte Fahrt stirbt schnell mit jeder Note der indischen Popmusik, in deren Rhythmus wir in den durchgesessenen Sitzen auf und ab hoppeln. Der Glaube, dass sich die Stra\u00dfe bald bessern w\u00fcrde, erweist sich als falsch. Im Gegenteil.
\nWir befinden uns auf einem zweifelhaften Weg und k\u00f6nnen nicht fassen, dass sich der heckgetriebene Tata-Bus, in dem wir hocken, auf dieser schmalen steilen Serpentinenstra\u00dfe durch Zuckersand und Schotter nach oben qu\u00e4lt. Pl\u00f6tzlich bleibt das Dieselmonster auch noch im aufgeweichten Schlamm stecken. Hundert Meter vor uns w\u00fchlt sich gerade ein Jeep durch die n\u00e4chste Motterpassage und f\u00e4hrt sich schlie\u00dflich genauso fest.
\nAus dem Schiebefenster gucken wir direkt in den Abgrund raus. Mir wird zum ersten Mal auf der ganzen langen Reise schlecht vor Angst. Der Busfahrer will sein Monster durchbringen und tritt aufs Gaspedal. Zentimeter f\u00fcr Zentimeter k\u00e4mpfen wir uns nach vorn, w\u00e4hrend drau\u00dfen ein paar M\u00e4nner mit der Schaufel immer wieder trockenen Sand und Steine vor die Antriebsr\u00e4der schippen. Wenn der Bus zur Seite rutscht, war`s das. Mich \u00fcberkommt ein Gef\u00fchl von Panik und bin kurz davor, aus dem Bus zu steigen. Nach einer Stunde Schlammpartie am Abgrund geht es weiter \u00fcber die Berge. Abgesicherte H\u00e4nge und Wegr\u00e4nder Fehlanzeige. Wir haben keine Energie mehr f\u00fcr Angstgef\u00fchle. Nach drei Stunden Rumpelpiste sind wir dankbar, fix und fertig, aber lebendig in Kathmandu zur\u00fcck zu sein. Das echte Abenteuer kam eben erst zum Schluss.<\/p>\n
\nIch bin wahrscheinlich die Erste, die das Helambu in Motorradstiefeln durchlaufen hat \u2013 Goretex Endurostiefel von HeinGericke, Testurteil: durchaus auch f\u00fcr den Himalaja geeignet.<\/p>\n
\n<\/a>n\u00e4chste Reisegeschichte ><\/a><\/strong>
\n < zur\u00fcck zur Karte<\/a><\/strong><\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"