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Teheran vor der Pr\u00e4sidentschaftswahl<\/h3>\n
Der Verkehr in Teheran \u00fcbersteigt alles! Die Millionenstadt ist unertr\u00e4glich \u00fcberlaufen! Das sind die Aussagen, die wir von anderen Reisenden und Iranern h\u00f6ren, wenn wir erw\u00e4hnen, dass wir in die Hauptstadt wollen. Aber ist das nicht in jeder Hauptstadt Asiens dasselbe? Wir sind nicht unbedingt scharf auf die iranische Metropole, aber wir wollen dort den ehemaligen MZ-Importeur und sein heutiges Motorradwerk besuchen.
\n3. Juni. Als wir auf dem mehrspurigen Highway in Teheran einfahren, haben wir die Hoffnung, dass der Verkehr wieder mal nur halb so schlimm sein wird, wie es sich in den Augen anderer darstellt. Im Rest vom Iran konnten wir bisher keine gro\u00dfen Unterschiede zu den anderen L\u00e4ndern feststellen. Au\u00dfer das die Iraner ziemlich z\u00fcgig unterwegs sind und einen unhaltbaren Drang zum (riskanten) \u00dcberholen haben. Wir lassen uns nicht aus der Ruhe bringen und tuckern mit Achtzig von Ort zu Ort. In der Hauptstadt nimmt der Verkehr mit N\u00e4he zum Imam-Khomeini-Platz im s\u00fcdlichen Zentrum weiter zu. Auf mehrspurigen Asphaltstra\u00dfen bilden sich immer dichtere Autoarmeen, die den Krieg um die Poleposition k\u00e4mpfen. Zwischen ihnen dr\u00e4ngeln sich schwarzhaarige, poppig gekleidete Mopedkings im professionellen Slalom nach vorn. W\u00e4hrenddessen starren sie r\u00fcckw\u00e4rts auf unsere Emmen, als w\u00fcrden wir auf einem UFO einreiten. Wenn sie lange genug starren, wundern sich die Typen meistens \u00fcber das feminine Gesicht unter meinem Helm. Und wenn sie sich sicher sind, die Ausl\u00e4nderin entdeckt zu haben, schwirren die erwachsenen Helden pl\u00f6tzlich wie Pubertierende bis zur n\u00e4chsten Abzweigung um uns herum. Unsere MZs k\u00f6nnen bei dem Tempo der anderen Zweir\u00e4der nicht mithalten \u2013 schon gar nicht mit der \u00dcberbreite. Wir kreisen den Imam-Khomeini-Platz hoch konzentriert und langsam ein. Einbahnstra\u00dfen f\u00fchren uns dabei in die Irre. Aber letztendlich finden wir unser Hotel in einer kleinen Nebengasse der Amir-Kabir-Stra\u00dfe. In der ganzen Mosaferkaneh (Billighotel) begegnen uns ausschlie\u00dflich M\u00e4nner.
\nAls wir den MZ-Importeur anrufen, ist der leider f\u00fcr zwei Tage nicht in der Stadt, obwohl wir unseren Besuch lange angek\u00fcndigt haben. Ein Gesch\u00e4ftsmann, der spontan gefl\u00fcchtet ist. Wie er uns sagt, feiert Teheran den Todestag Khomeinis. Da der auf einen Freitag f\u00e4llt \u2013 der islamische Sonntag, ist zum Vorteil der Iraner auch der Donnerstag frei und alle Teheraner scheinen auszufliegen. Denn als wir am n\u00e4chsten Vormittag auf die Stra\u00dfe gehen, ist alles so ruhig. L\u00e4den, Banken und Museen \u2013 die einzigen Sehensw\u00fcrdigkeiten in Teheran \u2013 sind geschlossen. Die Verkehrsarmeen haben sich zur\u00fcckgezogen. Wir finden gerade noch so ein Internetcaf\u00e8, das ge\u00f6ffnet hat und in dem wir zweieinhalb Stunden unsere Zeit vertreiben. Danach probieren wir die neue Metro aus. Die Teheraner haben ziemlich sp\u00e4t erkannt, dass der zunehmende Verkehr alles kollabieren l\u00e4sst. Erst Ende der Neunziger ist die erste U-Bahn-Linie er\u00f6ffnet worden und nur langsam folgen weitere Abschnitte. Daf\u00fcr ist alles tiptop modern.
\nBeim R\u00fcckweg ins Hotel begegnen uns hier und da die kitschigen Plakate der Kandidaten der anstehenden Pr\u00e4sidentschaftswahl. Obwohl in nur einer Woche Wahltag ist, ist von Wahlstimmung nicht viel zu sp\u00fcren. Die meisten Iraner und Iranerinnen, denen wir begegnen, w\u00fcnschen sich einen Wechsel zur liberalen Opposition. Mit gr\u00fcnen B\u00e4ndern an ihren Handgelenken machen sie ihre Meinung sichtbar. Mit ihrer Hoffnung auf einen neuen Pr\u00e4sidenten namens Mir-Hussein Mussawi verbinden sie vor allem die Hoffnung auf mehr Freiheit und mehr Offenheit des Landes gegen\u00fcber den USA. Am Horizont der Hauptstadt erkennen wir dann endlich auch das mit Schnee \u00fcberzogene Alborzgebirge, das sich wie eine riesige, wei\u00dfe Wolkenwand sch\u00fctzend auft\u00fcrmt. Ein beeindruckendes Bild. Trotzdem: Wir k\u00f6nnen hier in Teheran nicht viel anfangen, also beschlie\u00dfen wir, zwei oder drei Tage unserer restlichen Aufenthaltsdauer lieber im relativ nahe gelegenen Alamut-Tal zu verbringen. Wir hauen ab.<\/p>\n
Alamut: Endlich wieder Gr\u00fcn<\/h3>\n
Wir kommen unversehrt aus Teheran raus. Morgens an einem Feiertag ist wirklich nicht viel los. Und das ist gut so. Die Stimmung bei uns beiden ist aber nicht so gut. Wir fragen uns, warum. Vielleicht liegt das am dusseligen Tankwart, der uns wie manch anderer kleiner Gauner beschei\u00dfen will. Wir kennen mittlerweile die iranischen Preise ganz gut und sind daher doppelt genervt, wenn man uns den speziellen Ausl\u00e4nderbonus abverlangt. Und die Stimmung wird auch nicht besser, als die Emmen im ersten Gang \u00fcber die ersten Berge der Alamutregion schleichen. Jedoch je weiter wir ins Alamut-Tal einreiten, umso gr\u00fcner und sch\u00f6ner wird die Umgebung. Und umso besser unsere Laune. Das saftige Gr\u00fcn auf der Landschaft ist eine gro\u00dfe Abwechslung f\u00fcrs Auge, das in den letzten drei Wochen auf die ockerfarbenen Steppen und W\u00fcsten im Ost- und Zentraliran geblickt hat. Micha macht die L\u00f6cher im Luftfilterdeckel wieder frei und wir knattern zum Lewa-See hinauf. Heute ist Freitag, bestes Wetter und viele iranische Gro\u00dffamilien aus Qazvin haben anscheinend dieselbe Idee wie wir. Immer wieder \u00fcberholen uns bis oben hin bepackte Autos. Hoffentlich finden wir ein ruhiges Pl\u00e4tzchen. Nat\u00fcrlich nicht. Der kleine, dunkelgr\u00fcne Bergsee ist nicht nur umringt von toller Landschaft, sondern auch von Iranern, die Picknick machen. Die Rauchwolken der Kebapspie\u00dfe auf dem Grill steigen in den Himmel. Wir kreisen einmal um den ganzen See und beobachten ein Weilchen das Treiben, bevor wir umkehren wollen. Wenn iranische Familien oder M\u00e4nnercliquen picknicken, schleppen sie als Karawane einen ganzen Haushalt auf die Wiese: ein Zelt, einen Teppich, den Grill, Teekocher, Teegl\u00e4ser, T\u00f6pfe, Salatsch\u00fcsseln, Berge an Brot\u2026 Professionelle Drau\u00dfenesser. Es fehlt an nichts.
\nAls wir gerade abhauen wollen, l\u00e4dt uns eine junge Badmintonlehrerin aus Qasvin ein, am gro\u00dfen Familienpicknick teilzunehmen. Gutes Timing, wir haben Hunger und freuen uns \u00fcber das H\u00fchnchen am Spie\u00df, Kartoffeln, gegrillte Tomaten, Fisch, Reis, Salat, frischen Tee und Datteln auf einer langen Plastikdecke im Halbschatten. Nach etwa drei Stunden packen fast alle Picknicker gleichzeitig ihr Zeug zusammen und verschwinden zur\u00fcck \u00fcber die Berge. Wir schlagen derweil unser Zelt auf. Was von den Abschied nehmenden Picknickern nicht aufgegessen wurde, kriegen wir gleich von drei Seiten geschenkt. Wir sind also bestens versorgt. Micha schwimmt noch eine Runde in dem See, obwohl baden verboten ist. Ich muss sowieso drau\u00dfen bleiben, wenn ich nicht voll bekleidet ins Wasser will. Nicht auszudenken, was los w\u00e4re, wenn wir einfach nackt baden gehen w\u00fcrden. Wir w\u00fcrden verhaftet werden und Deutschland wahrscheinlich lange nicht mehr wieder sehen.
\nAm n\u00e4chsten Morgen fahren wir nach einer ruhigen Nacht weiter durchs Tal und finden endlich ein einsames, verstecktes Pl\u00e4tzchen am Bergkamm. Es ist herrlich ruhig. Kein Mensch weit und breit. Abends st\u00fcrmt es dann ziemlich stark und das kleine Zelt, das wie ein gut getarnter K\u00e4fer in der Gegend hockt, flattert ohrenbet\u00e4ubend. Aber der Hightech-Stoff h\u00e4lt und wir bleiben vom gro\u00dfen Regen verschont. Morgens beim Aufstehen h\u00e4ngen immer noch die dicken, grauen Wolken am Alamut-Himmel. Wir ziehen uns Pullover und Motorradjacke \u00fcber und weiter geht\u2019s. Hoffentlich bleiben wir trocken. Die Griffheizung kommt seit Langem mal wieder zum Einsatz. Der Bequemlichkeit wegen.<\/p>\n
Herzensw\u00e4rme in Manjil<\/h3>\n
Die Emmen bringen uns durch die feuchtkalten Wolken, die oben \u00fcber den Bergp\u00e4ssen schweben. Wir schaffen es an diesem Tag nur bis in die Stadt Manjil, siebzig Kilometer vor Rasht. Seit Qazvin k\u00e4mpfen wir wie so oft auf unserer Reise durch den Iran gegen starken Wind von vorn an. Der Wind geht in einen Sturm \u00fcber. Dessen B\u00f6en sch\u00fctteln die Mopeds so heftig, dass wir an der Tanke in Manjil anhalten m\u00fcssen.
\nW\u00e4hrend wir darauf warten, dass sich der Sturm etwas legt, stellt Micha bei meiner MZ die Z\u00fcndung und Kupplung nach. Regen setzt jetzt ein, der Tag wird dunkel und wir stellen die Weiterfahrt nach Rasht in Frage. In diesem Augenblick sprechen uns Shila und Rachman \u2013 ein Ehepaar in den F\u00fcnfzigern \u2013 aus ihrem gerade voll getankten Auto an. Oder besser gesagt, machen sie mit Gesten zu verstehen, dass wir bei dem Unwetter nicht weiter k\u00f6nnen und lieber mit ihnen nachhause kommen sollten. Die beiden schickt der Gewitterhimmel! Kurze Zeit sp\u00e4ter hocken wir bei einer dampfenden Tasse Tee gem\u00fctlich auf der Couch, w\u00e4hrend drau\u00dfen das Unwetter tobt und die Emmen brav im kleinen Hof vor der Haust\u00fcr parken. Im Haus sitzt Sohnemann Mehdi, siebenundzwanzig Jahre alt, vor Unib\u00fcchern und lernt. Im Fernseher l\u00e4uft ein Bodybuilding-Wettkampf. Mehdi ist wie viele andere Iraner gro\u00dfer Fan des Mukki-Sports.
\nW\u00e4hrend Shila uns in die hei\u00dfe Dusche schickt, muss Rachman zum Basar fahren. Eine Stunde sp\u00e4ter steht dann ein typisch iranisches Abendessen f\u00fcr uns bereit. Diesmal auf dem K\u00fcchentisch und nicht auf dem persisch gemusterten Wohnzimmerteppich. Die s\u00fc\u00dfe Familie zaubert uns wirklich ein L\u00e4cheln auf die Lippen. Mehdi kann ein bisschen Englisch und \u00fcbersetzt ab und zu: \u201eWollt ihr eine Stadtrundfahrt im Auto?\u201c Na klar. Und schon sitzen wir zu f\u00fcnft im Wagen und Baba kutschiert uns windfrei und trocken durch die Gegend: zum Fluss, zum Garten, zum dreitausend Jahre alten Baum\u2026 Sie erz\u00e4hlen kurz vom starken Erdbeben vor acht Jahren, bei dem Rachman seine Frau und drei S\u00f6hne verloren hat. Heute lebt er mit Shila und seinem Sohn Mehdi scheinbar gl\u00fccklich zusammen. Sie bauen gerade ein erdbebensicheres Haus. Wir besuchen auch noch Shilas Eltern, in einem Dorf zwanzig Kilometer von Manjil entfernt. Im Fernsehen pr\u00e4sentieren sich am Abend die Pr\u00e4sidentschaftskandidaten und ein Mullah liest im Einschlafton von seinen Notizen ab. Wir trinken im Wohnzimmer l\u00fcmmelnd unseren letzten Tee und gehen im Kinderzimmer schlafen. Es ist, als w\u00fcrden wir die Familie schon lange kennen, dabei haben sie uns erst vor ein paar Stunden aufgegabelt. Nach dem Fr\u00fchst\u00fcck am kommenden Morgen ist das Wetter viel besser und wir m\u00fcssen leider weiter. Merci, Merci! Mit dieser franz\u00f6sischen Vokabel bedankt man sich eigenartigerweise im Iran. Shila schenkt mit noch eine selbst gestrickte Jacke mit zu kurzen \u00c4rmeln. Und ab geht\u2019s ins Dorfleben nach Masuleh…<\/p>\n
Reise-Abenteuer: Von der Haust\u00fcr zum Himalaja und zur\u00fcck
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