{"id":2810,"date":"2009-07-20T21:24:03","date_gmt":"2009-07-20T19:24:03","guid":{"rendered":"http:\/\/www.emmenreiter.de\/?page_id=2810"},"modified":"2016-12-16T10:43:34","modified_gmt":"2016-12-16T08:43:34","slug":"polen-krakau-2009","status":"publish","type":"page","link":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/polen-krakau-2009\/","title":{"rendered":"Krakau: Entdeckungen an jeder Ecke"},"content":{"rendered":"
\"Stra\u00dfenkunst-Krakau\"

Stra\u00dfenkunst in Krakau, 2009 \u00a9 emmenreiter.de<\/p><\/div>\n

Vier Tage in Polens heimlicher Immer-Noch-Hauptstadt<\/h3>\n

19. Juli. Nach einer Zwischen\u00fcbernachtung auf einer Kuhkoppel in der Slowakei haben wir die ukrainischen Karpaten schon wieder hinter uns gelassen und blicken jetzt auf das wirklich allerletzte Highlight der Reise. Wir fahren bei unglaublich feuchttropischen Wetterverh\u00e4ltnissen und mit guten Gef\u00fchlen \u00fcber eine mehrspurige Fahrbahn langsam in Krakau ein. Irgendwo im alten Kazimierz-Viertel im Zentrum der Stadt wollen wir ein kleines Hostel suchen. Kein Problem, davon hat Krakau viele.
\nWir sind jetzt mittendrin. In der Stadt, die f\u00fcnfhundert Jahre lang mal Hauptstadt Polens war und sich den sch\u00f6nen Anschein einer alten Diva bewahrt hat. In einem halbrenovierten Altbau in der Stradomska 27 haben junge Leute auf der zweiten Etage eine riesige Wohnung mit hohen Decken und altem Parkett ins gem\u00fctliche Cinema Hostel verwandelt. Eine WG f\u00fcr vier Tage mit kostenlosem WLAN nat\u00fcrlich, das so schnell ist, dass einem beim Surfen schwindelig wird. Wir beziehen das Sin City-Zimmer und gehen im Hostelbad sofort in der schneewei\u00dfen Kabine unter die Duschbrause. Eine strahlende Dusche \u2013 immer noch Luxus. Die Emmen parken still und artig im Innenhof unter dem Fenster.<\/p>\n

Typisch Europa?<\/h3>\n

Polen ist das letzte Land auf der Reiseroute. Wir denken m\u00f6glichst nicht daran, dass wir in ein paar Tagen wieder zur\u00fcck ins neue alte Leben m\u00fcssen. Uns ist jede Stunde bis dahin immer noch ein Geschenk. Und zum Gl\u00fcck liegt uns eine entspannte Stadt an der Weichsel zu F\u00fc\u00dfen, in der an jeder Ecke eine neue \u00dcberraschung wartet. Wir brauchen nur loszugehen durch die mit renovierter Gotik, Renaissance und Barock best\u00fcckten Stra\u00dfen der Altstadt von Krakau, hin zur k\u00f6niglichen Wawel-Burg mit der unheimlich prunkvollen Bischofskathedrale. Ein m\u00e4chtiger Unterschied zu den Tempeln und Moscheen in Asien. Die Krakauer Bauwerke des Christentums protzen im Innern mit gewaltiger Architektur, Gold und Marmor. Fotografieren verboten. Zwischendurch Mittagessen und Kaffee in einem Stra\u00dfenrestaurant auf dem weitl\u00e4ufigen Hauptmarkt Rynek Glowny mit Blick auf die r\u00f6misch-katholische Marienkirche. Von dessen Turm bl\u00e4st jede volle Stunde wie schon vor siebenhundert Jahren ein Feuerwehrmann das Krakauer Trompetenspiel in die vier Himmelsrichtungen. Die Kl\u00e4nge verzaubern f\u00fcr einen Moment diese tolle Stadt.<\/p>\n

\"Krakau\"<\/a><\/p>\n

Das ist typisch Europa: Romantische, saubere und einzigartige Altst\u00e4dte mit h\u00fcbschen Caf\u00e8s und Restaurants, vor denen Stra\u00dfenk\u00fcnstler f\u00fcr Unterhaltung sorgen, solange man sich von seinen Besuchen in Kirchen und Museen erholt. In Krakau lassen sich Touristen nicht in Rikschas, sondern in k\u00f6niglichen Pferdekutschen durch die mond\u00e4ne Mitte chauffieren. Wir spazieren auf den kurzen Wegen zwischen Hostel und den alten Sch\u00f6nheiten Krakaus lieber zu Fu\u00df hin und her. Dabei sp\u00fcren wir jeden Pflasterstein von Krakaus Gassen fast hautnah. Die Sohlen unserer t\u00e4glich getragenen, h\u00e4sslich-praktischen Birkenstock-Sandalen sind n\u00e4mlich durchgelatscht. Die beiden Jeanshosen waren auch schon etliche Male beim Schneider und haben trotzdem schon wieder Risse. Wie das aussieht: schei\u00dfegal. Mode spielt einfach keine Rolle, solange wir noch unterwegs sind.
\nNach Einbruch der Dunkelheit kommen in den Stra\u00dfen Kazimiers \u2013 Krakaus j\u00fcdisches Shtetl \u2013 Jazz und Kl\u00e4nge der j\u00fcdischen Klezmermusik aus den unz\u00e4hligen, typischen Kellerkneipen nach oben. Obwohl in Krakau kaum noch Juden wohnen, wird die j\u00fcdische Geschichte und Kultur jeden Tag ein St\u00fcck mehr wieder belebt. Unverkennbar und ein wertvoller Teil der Identit\u00e4t dieser Stadt. Im Sommer findet hier Europas gr\u00f6\u00dftes j\u00fcdisches Festival statt.<\/p>\n

Schindler, Salz oder Kommunismus<\/h3>\n

Und nat\u00fcrlich stehen Auschwitz und Oskar Schindlers Emaillefabrik im Stadtteil Podg\u00f3rze, in der \u00fcber tausend Schindlerjuden den Holocaust \u00fcberlebten, auf der Hitliste ausl\u00e4ndischer Besucher. Die Trag\u00f6die der Juden als eine Facette von Krakau. Aus dem ganzen Facettenf\u00e4cher w\u00e4hlen wir heute eine aus, von der wir erst nicht wissen, ob sie es wert ist: das k\u00f6nigliche Salzbergwerk. Wir springen auf den Minibus nach Wieliczka am Stadtrand von Krakau auf. Der Busfahrer umf\u00e4hrt einen Stau und dr\u00f6hnt alle mit polnischem Schlager zu. Aber alles lohnt sich. Dreihundert Meter tief und neunhundert Jahre alt tut sich uns unter der Erde pl\u00f6tzlich eine ganze Stadt in hartes, graues Salz gehauen auf: 250 Kilometer unterirdische Wege durch das wei\u00dfe Gold, sogar eine riesige Kirche und richtige Fests\u00e4le \u2013 alles Weltwunder im Salz. Wir laufen mit aufgerissenen Augen \u00fcber drei Stunden lang dem jungen Salzweltf\u00fchrer im Halbdunkeln hinterher und bekommen trotzdem nur ein Prozent von dieser einmaligen Mine zusehen. Europa versteckt Sch\u00e4tze, von denen wir bis dahin noch nicht einmal geh\u00f6rt haben. Danach ist dann der perfekte Zeitpunkt f\u00fcr eine gut gesalzene polnische Mahlzeit: Piroggen und Zurek-Suppe.
\nJeden Tag m\u00fcssen wir uns wieder f\u00fcr eins der vielen Dinge, die Krakau noch bietet, entscheiden. Wir durchw\u00fchlen nach dem Fr\u00fchst\u00fcck die Prospekte auf dem Tresen im Hostel: Ein Besuch der kommunistischen Planstadt Nova Huta oder altes, feines Pharmaziemuseum? Was wir diesmal nicht mitnehmen, heben wir f\u00fcr den n\u00e4chsten Besuch in Krakau auf. Abends im Ikea-Doppelstockbett empfangen wir vor dem Schlafengehen auf dem Laptop zum ersten Mal seit vierzehn Monaten deutsches Internet-TV. Die ZDF-Sendung „37Grad“ pr\u00e4sentiert \u201eTraumjob Kassiererin\u201d und \u201eMein neues teures Gesicht\u201d.<\/p>\n

Reise-Abenteuer: Von der Haust\u00fcr zum Himalaja und zur\u00fcck
\n<\/a>n\u00e4chste Reisegeschichte ><\/a><\/strong>
\n < zur\u00fcck zur Karte<\/a><\/strong><\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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