{"id":7500,"date":"2016-05-20T11:50:15","date_gmt":"2016-05-20T09:50:15","guid":{"rendered":"http:\/\/www.emmenreiter.de\/?page_id=7500"},"modified":"2018-05-27T13:04:03","modified_gmt":"2018-05-27T11:04:03","slug":"albanien-reise-2016","status":"publish","type":"page","link":"https:\/\/www.emmenreiter.de\/albanien-reise-2016\/","title":{"rendered":"Albanien: Weit weg von Europa"},"content":{"rendered":"
\"Kirche

Kirche in Theth, Albanien \u00a9 emmenreiter.de<\/p><\/div>\n

Was wissen wir schon von Albanien?<\/h3>\n

Uns beiden f\u00e4llt ehrlich gesagt nicht viel darauf ein. Umringt von Kroatien, Griechenland oder Italien kommen jedenfalls nicht viele auf die Idee, ihren Urlaub in Albanien zu verbringen. Warum eigentlich? In meinen Ohren klingt allein der Landesname danach, als k\u00f6nnte man dort noch ein Abenteuer erleben.
\nBevor Micha und ich es herausfinden, machen wir nach der Bucht von Kotor noch einen Zwischenstopp vor der albanischen Grenze: in Ulcinj \u2013 der s\u00fcdlichsten Stadt Montenegros. Sie gibt uns bereits einen Vorgeschmack, denn die Mehrheit der Einwohner sind albanischen Ursprungs und pr\u00e4gen die Atmosph\u00e4re. Der Ort wirkt auf uns mit seinen pragmatisch beschilderten Gesch\u00e4ften, kleinen B\u00e4ckereien, Restaurants und den Leuten auf der Stra\u00dfe schon viel lebendiger. Nichts erinnert uns daran, noch in Europa zu sein. Das erste Mal auf dieser Reise hallt jetzt auch der Ruf des Muezzins aus Lautsprechern \u00fcber die D\u00e4cher und gibt uns das herrliche Gef\u00fchl, endlich wieder in einer fremden Welt zu sein.
\n5. Mai 2016. Heute morgen hei\u00dft es mal wieder Sachen verstauen, in die schwere Motorradkluft steigen, Handschuhe und Helm \u00fcberziehen. Ich habe immer noch Herzklopfen in dem Augenblick, bevor ich den Kickstarter meiner MZ trete. Der Motor kommt in Gang und hellblauer Qualm vernebelt den kleinen Hof des Hauses in Ulcinj, das zwei Tage lang unser Zuhause war. Vorsichtig rolle ich die steilen, schmalen Gassen hinunter zur Hauptstra\u00dfe und dann stadtausw\u00e4rts in Richtung Skutarisee<\/span>, den wir den ganzen Vormittag auf endlosen Landstra\u00dfenkurven im Uhrzeigersinn umrunden. Der von Bergen und gr\u00fcnen H\u00fcgeln umringte himmelblaue See erscheint uns wie auf Leinwand gemalt. Am fr\u00fchen Nachmittag haben wir den albanischen Teil des Seeufers erreicht und \u00fcberqueren hier die Landesgrenze. Die kommende Nacht wollen wir in der Abgeschiedenheit der <\/span>nordalbanischen Alpen verbringen. Das Wetter spielt mit und die Laune ist pr\u00e4chtig.<\/p>\n

Nordalbanien: Abstecher in die „Verwunschenen Berge“<\/h3>\n

So um halb drei steuern wir auf die Berge Nordalbaniens zu. Unser Ziel ist Theth, eine alte Siedlung in einem tiefen Tal, das w\u00e4hrend des Winters nicht zug\u00e4nglich ist. Dazu m\u00fcssen wir zun\u00e4chst den Thore-Pass \u00fcberqueren. Die asphaltierte Stra\u00dfe dorthin wird immer schmaler, je mehr wir in die Berge einfahren. Wir rechnen damit, dass sie jeden Augenblick in einen Schotterweg m\u00fcndet und staunen deshalb nicht schlecht, als wir auf tadellosem Asphalt Kurve f\u00fcr Kurve bis hoch zum Pass reiten.
\nOben angekommen ist es wieder k\u00fchl, dunkle Wolken umringen die Bergspitzen und es riecht nach Winter.
\nDie nagelneue Stra\u00dfe ist hier oben im wahren Wortsinn schlagartig zuende und keiner von uns wei\u00df, wie weit es noch bis Theth ist. Wir rollen und holpern auf teilweise sehr steinigem Untergrund im ersten und zweiten Gang talw\u00e4rts. Die Umgebung ist fantastisch, aber die schwierige und lange Abfahrt l\u00e4sst es kaum zu, dass ich sie genie\u00dfe. Noch eine Schleife, noch eine, und noch eine. Die Piste will nicht enden. Unterwegs kommt uns zweimal ein Gel\u00e4ndewagen, der scheinbar Touristen chauffiert, entgegen. Ich ahne, dass wir das Tal auf demselben Weg wieder verlassen m\u00fcssen. Au\u00dferdem \u00fcberholen wir zwei Radreisende, die sich mit genauso viel Spa\u00df talw\u00e4rts man\u00f6vrieren wie wir.
\n„Da! H\u00e4user!“ deute ich Micha. Es sind die ersten H\u00e4user von Theth. Jetzt will ich einfach nur ankommen und meine Oberarme entspannen. Die letzten Kilometer bis zum untersten Ende des Tals ziehen sich nochmal in die L\u00e4nge und wir steigen am ersten Gasthaus, das wir am Fluss erblicken, ab. Zusammen mit einem der beiden Radfahrer sind wir die einzigen G\u00e4ste.
\nDie Sonne ist pl\u00f6tzlich hinter den Bergen dieser herrlich urspr\u00fcnglichen Umgebung verschwunden, es ist kalt und die Stimmung im Tal etwas d\u00fcster. Wir kriechen nach einem leckeren Abendessen am Kaminfeuer mit aromatischem Schafsk\u00e4se, gebratenen Kartoffelspalten und Huhn, saftigen Oliven, prickelndem Joghurt und einem Schluck Raki schnell unter die weiche Hello-Kitty-Bettdecke auf dem spartanischen Holzbett.
\nW\u00e4hrend wir am n\u00e4chsten Tag durchs Tal wandern, ist unsere zur\u00fcckhaltende Gasthausfamilie damit besch\u00e4ftigt, das oberste Geschoss ihres neuen Hauses bis zum Wandersaisonstart fertig zu bauen. Die wenigen Familien, die das zeitlose Tal noch bewohnen bzw. die Sommermonate hier verbringen, bieten der seit etwa zehn Jahren stetig wachsenden Zahl an Wandertouristen Essen und Unterkunft an. Trotz dieser Verdienstm\u00f6glichkeit gibt es kaum Familien, die mit ihren Kindern l\u00e4ngere Zeit in diesem Teil Albaniens bleiben. Die Sommerschule in Theth ist daher ein Geisterhaus. Die Holzt\u00fcr der Kirche ist abgeschlossen. Wir beobachten nur wenige Menschen, wie sie mit Pferd und Pflug ihr Feld beackern und das Vieh \u00fcber die Weide treiben.
\nNach zwei Tagen in Theth treten wir den steilen R\u00fcckweg an, der mich schon am Abend zuvor nerv\u00f6s macht. Aber die Emmen bringen uns ohne Murren nach oben und wir rollen vom Pass aus bald entspannt in die Fr\u00fchsommerstimmung an den Skutarisee zur\u00fcck. Kurz vor der Stadt Skodra landen wir durch Zufall auf einem wundersch\u00f6nen Campingplatz direkt am Ufer des Sees. Unsere Motorr\u00e4der machen andere Camper neugierig und verwickeln uns in nette Gespr\u00e4che \u00fcbers Reisen. Micha taucht bei fr\u00fcher Morgensonne in den spiegelglatten, klaren See ein. Endlich baden.<\/p>\n\n\n\n \t\t\n\t\t\t\t